Leitsatz
§ 39 FamFG schreibt zwingend für familienrechtliche Verfahren eine Rechtsmittelbelehrung für jeden Beschluss mit einer Endentscheidung vor. Es muss über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie das Gericht, bei dem diese Rechtsbehelfe einzulegen sind, dessen Sitz, die einzuhaltende Form und Frist belehrt werden.
Dabei stellt sich die Frage, inwieweit infolge einer fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung eine Fristversäumung durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb der Verfahren, in denen Anwaltszwang herrscht, durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich ist.
Sachverhalt
Das AG hatte die Antragsgegnerin durch Beschluss vom 18.12.2009 verurteilt, zu Händen des gesetzlichen Vertreters des Antragstellers Kindesunterhalt zu leisten. Gegen diesen ihr am 6.1.2010 zugestellten Beschluss hatte die Antragsgegnerin am 08.02.2010 Beschwerde eingelegt, das Rechtsmittel jedoch in der Folgezeit nicht begründet.
Dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin war mit Schreiben vom 9.3.2010 mitgeteilt worden, dass das Rechtsmittel im Hinblick auf die fehlende Begründung der Beschwerde unzulässig sei. Die Antragsgegnerin hat daraufhin durch Schriftsatz vom 15.3.2010 beantragt, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist zu bewilligen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie sei davon ausgegangen, dass eine Begründung der Beschwerde nicht zwingend vorgeschrieben sei. Dies beruhe darauf, dass die Rechtsmittelbelehrung im Beschluss des AG vom 18.12.2009 fehlerhaft sei und nicht den Hinweis enthalte, dass Beschwerden in Familiensachen binnen einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen seien.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG Koblenz hielt die Beschwerde der Antragsgegnerin für unzulässig. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde nicht bewilligt, da die Beschwerdeführerin nicht glaubhaft gemacht habe, dass sie die Frist zur Begründung der Beschwerde unverschuldet versäumt habe. Zwar sehe die Vorschrift des § 17 FamFG vor, dass Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei, wenn jemand unverschuldet verhindert gewesen sei, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Vorliegend könne von fehlendem Verschulden jedoch nicht ausgegangen werden, da in Familienstreitsachen gemäß § 114 FamFG Anwaltszwang herrsche und von einem Rechtsanwalt die Kenntnis des Rechtsmittelsystems erwartet werden könne. Die Rechtsmittelbelehrung befreie ihn bei Familienstreitsachen nicht von der Verpflichtung, die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Beschwerde eigenständig zu überprüfen. Ein unverschuldeter kausaler Irrtum sei deshalb für die Fristversäumung ausgeschlossen (vgl. Zöller/Feskorn, ZPO, 28. Aufl., § 39 FamFG, Rz. 17).
Die Beschwerde der Antragsgegnerin sei danach als unzulässig zu verwerfen.
Hinweis
Das OLG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 06.07.2010 zur Geschäftsnummer 16 UF 76/10 (vgl. HI2361102) ebenfalls entschieden, dass bei fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung eine unverschuldete Fristversäumung zur Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein nicht ausreiche. Erforderlich sei weiter, dass diese kausal für die Fristversäumung geworden sei. Die Vermutung der Schuldlosigkeit bei fehlerhafter oder fehlender Rechtsmittelbelehrung lasse das Erfordernis des Kausalzusammenhangs nicht entfallen. Habe ein Beteiligter tatsächlich Kenntnis von seinem Rechtsmittel und habe es daher einer Rechtsmittelbelehrung nicht bedurft, sei die Wiedereinsetzung ausgeschlossen. Eine derartige Kenntnis sei grundsätzlich bei anwaltlich vertretenen Parteien anzunehmen.
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Beschluss vom 26.03.2010, 13 UF 159/10