Leitsatz
Die Einlageverpflichtung wird nicht erfüllt, wenn eine als Einlage geleistete Zahlung unter Umgehung der Kapitalaufbringungsregeln im Weg der verdeckten Sacheinlage oder durch ein verbotenes Hin- und Herzahlen an den Gesellschafter zurückfließt.
Sachverhalt
Der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH hatte einzelne Gesellschafter der Schuldnerin bzw. deren Rechtsnachfolger auf Zahlung der Einlage in Anspruch genommen, mit der Begründung, die Einlage sei nicht wirksam erbracht worden. Die Gründungsgesellschafter hatten die vereinbarten Einlagebeträge in Teilbeträgen auf das in einen Cash-Pool einbezogene Konto der Schuldnerin eingezahlt. LG und OLG hatten die Klage abgewiesen. Auf die Revision des Insolvenzverwalters hob der BGH das Urteil teilweise auf und gab der Klage zum Teil statt. Nicht alle Gesellschafter hätten mit den Einzahlungen auf das Konto der Schuldnerin ihre Einlageschuld getilgt.
Die Einzahlung der Einlage auf ein Konto, das in einen dem Inferenten zuzurechnenden Cash-Pool einbezogen ist, ist eine verdeckte Sacheinlage, wenn der Saldo auf dem Zentralkonto des Cash-Pools im Zeitpunkt der Weiterleitung zulasten der Gesellschaft negativ ist, andernfalls liegt ein Hin- und Herzahlen vor.
Die Einlageverpflichtung wird nicht erfüllt, wenn eine als Einlage geleistete Zahlung unter Umgehung der Kapitalaufbringungsregeln als verdeckte Sacheinlage oder durch ein verbotenes Hin- und Herzahlen an den Inferenten zurückfließt. Dies ist der Fall, wenn sie auf ein in einen Cash-Pool eingebundenes Konto der Gesellschaft eingezahlt, von dort auf ein Zentralkonto weitergeleitet wird und der Inferent über dieses Zentralkonto mittelbar oder unmittelbar verfügungsberechtigt ist.
Inwieweit bei einer als verdeckte Sacheinlage zu behandelnden Einzahlung der Inferent die nicht wirksam erbrachte Einlage noch einmal leisten muss, hängt davon ab, ob und in welcher Höhe die Gesellschaft durch die Einlagezahlung von einer Forderung des Inferenten befreit wird, die sie, ohne diese Einlagezahlung, aus ihrem Vermögen erfüllen könnte.
Soweit im Zeitpunkt der Weiterleitung des Einlagebetrags der Saldo auf dem Zentralkonto zulasten der Gesellschaft negativ ist, liegt eine verdeckte Sacheinlage vor. Es wird zwar eine Bareinlage vereinbart, der Gesellschaft fließt im wirtschaftlichen Ergebnis infolge der Weiterleitung der Bareinlage auf das Zentralkonto aber nicht der vereinbarte Barbetrag, sondern die Befreiung von der Verbindlichkeit aus der Cash-Pool-Verbindung zu. Eine solche verdeckte Sacheinlage befreit nach § 19 Abs. 4 GmbHG den Gesellschafter nicht von seiner Einlageverpflichtung.
Soweit die Einlage dagegen auf ein Zentralkonto des Inferenten weitergeleitet wird, dessen Saldo ausgeglichen oder zugunsten der Gesellschaft positiv ist, liegt ein reines Hin- und Herzahlen vor. Mit der Weiterleitung auf das Zentralkonto gewährt die Gesellschaft dem Inferenten ein Darlehen. Nach der Rechtsprechung liegt die für die Erfüllung der Einlageschuld (§ 19 Abs. 1 GmbHG) erforderliche Leistung nicht vor, wenn der eingezahlte Einlagebetrag absprachegemäß umgehend an den Inferenten zurückfließt und die Einlageforderung der Schuldnerin durch eine schwächere Rückzahlungsforderung ersetzt wird. Wenn eine solche Einlageleistung vereinbart wird, die wirtschaftlich der Rückzahlung der Einlage entspricht (bloßes Hin- und Herzahlen), wird der Inferent grundsätzlich ebenfalls nicht von seiner Einlageverpflichtung frei.
Liegt ein Hin- und Herzahlen vor, befreit dies den Inferenten von seiner Einlageverpflichtung nur, wenn die besonderen Voraussetzungen des § 19 Abs. 5 GmbHG n.F. erfüllt sind, also eine die Einlagepflicht substituierende Vereinbarung getroffen wird, die auf ihrer Grundlage erbrachte Leistung durch einen vollwertigen, jederzeit fälligen oder durch fristlose Kündigung fällig werdenden Rückzahlungsanspruch gegen den Inferenten gedeckt ist und der Geschäftsführer diese Umstände bei der Anmeldung nach § 8 GmbHG angibt. Die Gesellschafterin hatte hier die Einlageschuld mit den Zahlungen auf das Konto der Schuldnerin schon deshalb nicht getilgt, weil die Mittel unter Umgehung der Kapitalaufbringungsregeln im Weg der verdeckten Sacheinlage bzw. durch verbotenes Hin- und Herzahlen mit der Weiterleitung auf das Zentralkonto des Cash-Pools an sie als Inhaberin des Zentralkontos zurückgeflossen waren.
Hinweis
Für die Beurteilung, ob die Gesellschafterin den Einlagebetrag noch einmal zahlen muss, kommt es nach Inkrafttreten des MoMiG nunmehr auf die Unterscheidung von verdeckter Sacheinlage und Hin- und Herzahlen an, weil der Gesetzgeber die Rechtsfolgen in § 19 Abs. 4 und Abs. 5 GmbHG n.F. mit Rückwirkung (§ 3 Abs. 4 EGGmbHG) neu gestaltet hat.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 20.7.2009, II ZR 273/07.