Leitsatz

Entgegenstehende Vereinbarung in der Teilungserklärung ist nichtig

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 WEG, § 16 Abs. 2 WEG, § 56 ZVG, § 59 ZVG, § 134 BGB

 

Kommentar

Die durch Teilungserklärung getroffene Bestimmung, wonach auch der Ersteher einer Eigentumswohnung oder eines Teileigentums im Wege der Zwangsversteigerung für Wohngeldrückstände des Voreigentümers haftet, verstößt nach einer aktuellen BGH-Entscheidung gegen § 56 Satz 2 Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) und ist gemäß § 134 BGB nichtig.

In einer Teilungserklärung war vereinbart, dass der Erwerber eines Wohnungs- oder Teileigentums gesamtschuldnerisch für etwaige Rückstände des Veräußerers gegenüber dem Gemeinschaftskonto hafte und dies auch für den Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung gelte. Da das OLG Düsseldorf von einer früheren Entscheidung des OLG Köln (DNotZ. 81, 584) abweichen wollte (das OLG Köln hatte die Gültigkeit einer solchen Vereinbarung bejaht), musste der BGH nunmehr diese umstrittene Frage klären.

Herausgestellt wurde vom BGH die herrschende Rechtsmeinung, dass nach Gesetz ein Sonderrechtsnachfolger nicht für Verbindlichkeiten seines Rechtsvorgängers einzustehen habe. Dieser Grundsatz gelte erst recht für den Erwerb eines Eigentums durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung, da es sich hier um originären Eigentumserwerb und nicht um eine (rechtsgeschäftliche) Rechtsnachfolge handele. Zusätzlich bestimme der § 56 Satz 2 ZVG, dass ein Ersteher in der Zwangsversteigerung Lasten (erst) vom Zuschlag an tragen müsse. Lasten im Sinne dieser Vorschrift seien auch Wohngelder. Zwar könne vereinbart werden, dass ein rechtsgeschäftlicher Sondernachfolger für Hausgeldrückstände seines Veräußerers einzustehen habe. Allerdings habe bereits das BayObLG einen Beschluss in Richtung einer Mitverpflichtung eines Erstehers in der Zwangsversteigerung für unzulässig erklärt.

Die Verdinglichung von Wohnlasten bestehe jedoch nur in den Schranken des § 134 BGB; eine solche gesetzliche Schranke sei der § 56 Satz 2 ZVG (in den Grenzen des § 59 Abs. 1 ZVG zwingendes Recht!). Die Mithaftung eines Erstehers würde eine unbegrenzte Vorlast zu Gunsten anderer Miteigentümer darstellen.

 

Link zur Entscheidung

( BGH, Beschluss vom 22.01.1987, V ZB 3/86)

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Nicht zuletzt auch im Rahmen einer Interessenbewertung hat nunmehr der BGH im Sinne des vorrangig schützenswerten Erstehers in der Zwangsversteigerung entschieden und damit gleichzeitig gegen die Interessen der restlichen Wohnungseigentümer, allerdings auf der Grundlage des derzeit geltenden und als zwingend zu betrachtenden Zwangsversteigerungsrechts. In rechtlicher Hinsicht ist diese Grundsatzentscheidung sicher nicht zu kritisieren.

Nicht folgen kann ich allerdings der weiteren Begründung des BGH, dass auch kein unabweisbares praktisches Bedürfnis bestehe, dieses Ergebnis der gesetzlichen Interessenbewertung etwa im Wege richterlicher Rechtsfortbildung zu korrigieren.

Der BGH weist zu Recht darauf hin, dass rückständige Wohngelder ohne Mithaft des Erstehers von den übrigen Wohnungseigentümern getragen werden müssen. Wenn dann jedoch gesagt wird, dass es eine Gemeinschaft in der Hand habe, durch sorgfältige Aufstellung des Wirtschaftsplans, Bildung angemessener Rücklagen, alsbaldige Jahresabrechnung und zügige Beitreibung der auf die einzelnen Eigentümer entfallenden Anteile, das Auflaufen größerer Rückstände zu verhindern, so muss hier dem BGH vorgehalten werden, dass die Wirklichkeit anders aussieht und nicht so optimistisch beurteilt werden kann. Schon das Erwirken eines Vollstreckungstitels gegen einen zahlungsunwilligen oder unfähigen Voreigentümer ist oft nicht in der kurzen Zeit möglich, dass man wie jeder andere Vollstreckungsgläubiger dem Zwangsversteigerungsverfahren noch beitreten kann.

Im Übrigen gehen hier selbst titulierte Forderungen gegenüber Forderungen bevorrechtigter Gläubiger meist unter. Der rechtliche Idealfall hätte deshalb vom BGH nicht zusätzlich herausgestellt werden müssen, da Eigentümerinsolvenzen mit nachfolgenden Zwangsversteigerungen (betrieben i.d.R. von Gläubigerbanken) rapide zunehmen und die häufige Hausgeld-Ausfallhaftung der restlichen Eigentümer auf Unverständnis stößt und die Attraktivität des Wohnungseigentums sehr gefährdet. Es ist - so meine ich - an der Zeit, an eine diesbezügliche Reform des ZVG zu denken.

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