I. Dingliches Recht im Sinne des BGB
Rz. 70
Dingliche Rechte haben ihre Rechtsgrundlage im materiellen Sachenrecht des BGB und unterscheiden sich von schuldrechtlichen Ansprüchen (§§ 194 Abs. 1, 241 BGB) und Rechten (Rücktritt, Minderung). Dingliche Rechte sind Rechte einer Person gegenüber anderen Personen, aber in Ansehung einer Sache. Beim Eigentum ist die unmittelbare Herrschaft über die Sache grundsätzlich unbeschränkt, bei den übrigen dinglichen Rechten geht es um die Herrschaft in bestimmten Beziehungen, weshalb man insoweit generell von beschränkten dinglichen Rechten spricht. Dingliche Rechte wirken absolut gegenüber jedermann und nicht lediglich relativ zwischen Vertragspartnern. Das BGB bezeichnet nur die materiell-rechtlich wirksamen dinglichen Rechte als "Recht"; eine Ausnahme bildet § 894 BGB am Ende, wo mit dem "durch die Berichtigung betroffen[en]" Recht nur das Buchrecht gemeint ist und sein kann. Zu den materiell-rechtlich wirksamen dinglichen Rechten gehören auch die zu Unrecht gelöschten Rechte, da sie solange außerhalb des Grundbuchs weiter bestehen, bis ein lastenfreier Erwerb kraft öffentlichen Glaubens stattgefunden hat. Andere Rechtsgebilde wie z.B. das Anwartschaftsrecht (siehe § 5 Einl. Rdn 6), die Sondernutzungsrechte (siehe § 3 Einl. Rdn 101 ff.), die als "Belastung" eingetragenen Regelungen nach § 1010 BGB (siehe § 4 Einl. Rdn 22 ff.) und die verdinglichten Rechtsverhältnisse eines Begleitschuldverhältnisses – "verdinglicht", teils kraft Gesetzes, teils kraft Grundbucheintragung, ist ein Rechtsverhältnis, das die Rechtsbeziehungen zwischen mehreren Personen untereinander regelt und in das der Sonderrechtsnachfolger mit dem Erwerb des dinglichen Rechts eintritt, ohne dass es dazu einer Forderungsabtretung, Schuldübernahme oder sonstigen Vereinbarung über den Eintritt in das Rechtsverhältnis bedarf – sind keine dinglichen Rechte im Sinne des BGB.
II. Buchrecht
Rz. 71
Der Begriff "Buchrecht" taucht im BGB nicht auf. Abgesehen vom Sinn der Unterscheidung zwischen Brief- und Buchgrundpfandrechten (vgl. § 1116 BGB), versteht man unter dem materiell-rechtlichen Buchrecht ein Recht, das nur im Grundbuch eingetragen ist, aber im Übrigen nicht besteht, sei es wegen des Fehlens einer Wirksamkeitsvoraussetzung, sei es, weil es auf anderem Wege als nach § 875 Abs. 1 BGB wieder erloschen ist. Das Buchrecht ist aber materiell-rechtlich nicht wirkungslos, und zwar aufgrund der Richtigkeitsvermutung (§ 891 BGB) sowie erst recht aufgrund der Fiktion des öffentlichen Glaubens nach den §§ 892, 893 BGB; es hat ferner nach § 879 Abs. 2 BGB eine rangwahrende Wirkung, wenn die fehlende (oder fehlerhafte) Einigung nachgeholt wird. Das Buchrecht genießt weitgehenden Bestandsschutz durch § 71 Abs. 2 S. 1 GBO, falls es am öffentlichen Glauben teilnimmt. Die §§ 23 Abs. 1, 24 GBO hingegen bewirken keinen Bestandsschutz für ein bloßes Buchrecht, denn wenn Rückstände vorliegen, ist das Recht ja insoweit noch gar nicht erloschen (vgl. § 23 GBO Rdn 1, 38 ff.). Das Gegenstück zum Buchrecht bildet das zu Unrecht gelöschte Recht, das zwar materiell-rechtlich besteht, aber eben nicht im Grundbuch eingetragen ist (siehe auch Rdn 74).
III. "Recht" im Sinne der GBO
Rz. 72
Wenn die GBO von einem Recht spricht, so geht sie damit einerseits über den Begriff des dinglichen Rechts im materiellen Sinne hinaus, bleibt andererseits aber auch dahinter zurück:
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Die GBO verwendet den Begriff des Rechts auch für Vormerkungen, Widersprüche, Verfügungsbeschränkungen und sonstige Vermerke aller Art. Dies lässt sich u.a. § 84 Abs. 3 GBO entnehmen. Die Frage des materiell-rechtlichen Bestandes ist im Grundsatz ohne Bedeutung. |
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Voraussetzung ist jedoch das Vorliegen einer wirksamen Eintragung dieses "Rechts" (vgl. Rdn 66 ff.). Gelöschte Rechte gehören selbst dann nicht zu den Rechten im Sinne der GBO, wenn sie zu Unrecht gelöscht wurden. |
IV. Öffentliche Liegenschaftsrechte
Rz. 73
Öffentliche Liegenschaftsrechte sind Rechte des öffentlichen Bodenrechts mit absoluten materiellen Wirkungen, die wie die Rechte im Sinne des BGB die Rechtsbeziehungen an einem Grundstück beeinflussen, ihnen zum Teil im Rang vorgehen, aber überwiegend außerhalb des Grundbuchs bestehen und die Funktionsfähigkeit des Grundbuchs jedenfalls dann in bedenklicher Weise aushöhlen, wenn sie im Grundstücksverkehr nicht erkennbar sind und trotzdem nicht für eintragungsfähig gehalten oder nicht rechtzeitig eingetragen werden. Bestes Negativbeispiel ist die in den landesrechtlichen Bauordnungen geregelte Baulast, die im öffentlichen Interesse zugunsten der Baubehörde gleiche Inhalte haben kann wie die Dienstbarkeit als Grundstücksrecht (vgl. § 6 Einl. Rdn 170 ff.).