Rz. 4
Materielles Grundstücksrecht, Grundbuchverfahrensrecht, öffentliches Bodenrecht mit dazugehörigem Verfahrensrecht und Immobiliarvollstreckungsrecht sind selbstständige Teilgebiete des Liegenschaftsrechts, die eine getrennte Kodifizierung erfahren und sich trotz ihrer engen Verflechtung eigenständig entwickelt haben. Sie unterscheiden sich nach Wesen, Voraussetzungen und Wirkungen voneinander, auch wenn sie sich letztlich ergänzen. Die engsten Verflechtungen bestehen freilich zwischen materiellem Grundstücksrecht des BGB und dem Grundbuchverfahrensrecht; das landesrechtliche Katasterrecht mit formellen Regelungen zum Liegenschaftskataster ist dabei notwendige Voraussetzung der Verkehrsfähigkeit eines Grundstücks durch Buchung im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs. Das öffentliche Recht dringt besonders mit den Beschränkungen des Baurechts und des Bauordnungsrechts in das Grundstücksrecht ein, ist aber aus dem Grundbuch regelmäßig nicht ersichtlich (vgl. § 54 GBO; dazu siehe auch Rdn 9). Das Immobiliarvollstreckungsrecht hat mit dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) wesentlich ein funktionierendes Grundbuch als Voraussetzung: Ein Grundstück kann nur dann zwangsversteigert werden, wenn es ordnungsgemäß gebucht ist und die Eigentums- und Belastungsverhältnisse klar und eindeutig sind.
1. Begriffliches
Rz. 5
"Liegenschaftsrecht" umfasst als Oberbegriff das gesamte materielle und formelle Recht. Unter "Grundbuchrecht" versteht man heute meist nur das formelle Recht; man sollte aber besser den Begriff Grundbuchverfahrensrecht verwenden (oder das Attribut "formelles" voranstellen), um Unklarheiten zu vermeiden.
2. Materielles Grundstücksrecht
Rz. 6
Das materielle Grundstücksrecht regelt Voraussetzungen und Wirkungen einer dinglichen Rechtsänderung am Grundstück. Aus materiell-rechtlicher Sicht ist die inhaltliche Richtigkeit des Grundbuchs zu beurteilen. Materielles Grundstücksrecht ist im Wesentlichen im BGB, dem ErbbauRG und dem WEG enthalten. Aber auch die GBO enthält materielles Grundstücksrecht, so z.B. in den § 3 Abs. 1 S. 2 und § 49 GBO.
3. Grundbuchverfahrensrecht
Rz. 7
Das Verfahren der Eintragung im Grundbuch wird durch das formelle Grundbuchrecht (Grundbuchverfahrensrecht) geregelt. Das Grundbuchverfahrensrecht regelt die Voraussetzungen einer Grundbucheintragung, welcher Form sie genügen muss und ob die Eintragung ordnungsgemäß erfolgt ist. Es ist im Wesentlichen in der GBO und ihren Ausführungsvorschriften (insbes. die gem. § 1 Abs. 4 erlassene GBV) enthalten. Grundbuchverfahrensrechtliche Normen finden sich allerdings auch im WEG (§ 7 Abs. 1, 2, 4 und 5, §§ 9 Abs. 1, 32 Abs. 2 S. 2, Abs. 3) und im ErbbauRG (§§ 14–17). Das formelle Grundbuchrecht ist nicht nur Teil des Liegenschaftsrechts, sondern auch des allgemeinen Verfahrensrechts, insbes. Teil der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit, für die das FamFG gilt (dazu Einl. § 2 Rdn 51 ff.).