1. Rechtspolitik und Grundbuch
Rz. 12
Fraglich ist, ob dem Grundbuch auch eine öffentliche Funktion der Verlautbarung von Rechtsverhältnissen zukommt oder künftig zukommen soll. Diese Frage stellt sich vor allem vor dem Hintergrund gesellschaftlicher, rechts- und fiskalpolitischer Diskussionen um eine Transparenz von Erwerbsvorgängen und Eigentumsverhältnissen an Immobilien. Exemplarisch stellt sich die Frage hinsichtlich möglicher Geldwäschegeschäfte sowie des Eigentums von "anonymen Gesellschaften oder Konzernen" insbesondere an zu Wohnzwecken dienenden Immobilien. Rechtspolitisch reicht sie bis zur Forderung nach der Enteignung oder Vergesellschaftung solcher Eigentümer.
2. Der öffentliche Wille nach Transparenz
Rz. 13
Der Aspekt der Geldwäsche ist bei Immobilientransaktionen durchaus relevant. Man mag dabei zunächst an den Fall der Angabe eines zu niedrigen Kaufpreises bei der notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrages denken, um Notargebühren, Grundbuchgebühren und Grunderwerbsteuer zu sparen. Bekanntlich ist der beurkundete Vertrag als Scheingeschäft nach § 117 BGB nichtig, der in Wirklichkeit mit dem richtigen Kaufpreis geschlossene Vertrag ist wegen Formmangels nichtig (§§ 311b Abs. 1, 125 BGB). Die Formnichtigkeit würde mit Eintragung des Erwerbers als Eigentümer in das Grundbuch geheilt (§ 311b Abs. 1 S. 2 BGB). Eine weitergehende Nichtigkeit wegen Steuerhinterziehung nach § 134 BGB mit § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO oder wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nimmt der BGH nur dann an, wenn die Erlangung der Steuervorteile der alleinige oder der Hauptzweck der vertraglichen Vereinbarung gewesen ist.
Rz. 14
Die wirkliche Geldwäsche erfolgt aber umgekehrt, indem eine Immobilie in kurzer Zeit mehrfach an juristische Personen zu überhöhten Werten veräußert werden. Die Financial Intelligence Unit (FIU) analysiert als Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen entsprechende Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz. An sie haben die nach § 2 GwG verpflichteten Institutionen und Personen Verdachtsmeldungen zu richten (§ 27 GwG). In ihren Jahresberichten stellt die FIU typische Fallgestaltungen von Immobilientransaktionen vor, bei welchen der Verdacht von Geldwäsche besteht. So interessant einzelne Sachverhalte sein mögen, und so sehr man im Einzelfall den Verdacht von Geldwäsche teilen mag, bleibt doch die FIU das Ergebnis oft schuldig. Diese Fragen mögen sich auch Notare stellen, die als sogenannte Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG den besonderen Sorgfaltspflichten nach §§ 10 ff. GwG unterliegen und beispielsweise die Identität ihrer Mandanten feststellen müssen – für einen Notar schon wegen § 9 BeurkG nichts neues –, aber auch bei verstärkten Sorgfaltspflichten (§ 15 GwG) prüfen müssen, wer der wirtschaftlich Berechtigte einer Transaktion ist, und Informationen über die Herkunft von Vermögenswerten einholen müssen (§ 15 Abs. 5 lit. c) GwG). In jedem Fall hat der Notar die Überprüfung von Transaktionen und die Überwachung von Geschäftsbeziehungen in einem Umfang sicherzustellen, der es ermöglicht, ungewöhnliche oder verdächtige Transaktionen zu erkennen und zu melden (§ 14 Abs. 2 S. 2 GwG). Konsequent hierzu verbietet § 16a GwG beim Grundstückserwerb mit einem vereinbarten Kaufpreis oder einer sonst vereinbarten Gegenleitung von mehr als 10.000 EUR die Barzahlung. Die unbare Entrichtung hat der Notar zu prüfen und er darf erst dann den Antrag auf Eigentumsumschreibung stellen (§ 16a Abs. 3 GwG). Die notarielle Prüfung ist nicht erforderlich, wenn die Entrichtung der Gegenleistung über ein Notaranderkonto vereinbart wird (§ 16a Abs. 4 GwG). Das kollidiert aber mit § 57 Abs. 2 Nr. 1 BeurkG, der diese Variante nur bei einem besonderen Sicherungsinteresse der Parteien zulässt, insbesondere um eine Überlastung mit Gebühren zu vermeiden.
Rz. 15
Zweck des Geldwäschegesetzes ist es, Transaktionen aufzudecken, die mit unversteuerten Einkünften finanziert werden oder gar der Terrorismusfinanzierung dienen. Dahinter steht auch der Gedanke, dass stets eine natürliche Person als wirtschaftlich Berechtigter (§ 3 GwG) hinter einer Transaktion insbesondere durch juristische Personen oder Handelsgesellschaften steht. Dazu ist ein Transparenzregister eingerichtet (§§ 15 ff. GwG), das ursprünglich online einsehbar sein sollte und mit der Überschrift "Wirtschaftlich Berechtigte eintragen, Einsicht nehmen und Unstimmigkeiten melden" schon einen leicht denunziatorischen Charakter vermittelt. Der EuGH entschied allerdings mit Urt. v. 22.11.2022, dass die freie Einsicht in das Transparenzregister gegen Art. 7 (Achtung des Privat- und Familienlebens) sowie Art. 8 (Schutz personenbezogener Daten) der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstößt. Die Einsichtnahme ist nunmehr geregelt in der Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung (TrEinV) vom 16.3.2023.
Rz. 16
Das Sanktionsdurchsetzungsgesetz II vom 19.12.2022 enthält mit Art. 1 ein Sanktionsdurchsetzungsgesetz, mit welchem ei...