Rz. 81
Verfügungsbeeinträchtigungen sind eintragungsfähig, wenn
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das Gesetz die Eintragung ausdrücklich vorsieht, oder |
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an die Nichteintragung nachteilige Rechtsfolgen geknüpft werden, insbesondere weil § 892 Abs. 1 S. 2 BGB an die Nichteintragung den guten Glauben der vollen Verfügungsbefugnis des Rechtsinhabers knüpft und insoweit gutgläubigen Erwerb ermöglicht. |
Die Eintragung eines Vermerks zur Verfügungsbeeinträchtigung ist häufig ausdrücklich geregelt, z.B. nach § 2113 Abs. 3, § 2211 Abs. 2 BGB bei Nacherbschaft oder Testamentsvollstreckung, oder nach § 32 InsO bei den Verfügungsbeeinträchtigungen des Insolvenzrechts. Zu beachten sind auch Vorschriften des öffentlichen Rechts und des Strafverfahrensrechts, die eine Eintragung vorsehen, z.B. § 111c Abs. 3 S. 1 StPO für die vorläufige Beschlagnahme oder § 111f Abs. 4 mit § 111h Abs. 1 StPO für das Veräußerungsverbot beim Vermögensarrest zur Sicherung der Einziehung oder des Wertersatzes bei der Vermögensabschöpfung. Die Frage der Eintragung öffentlich-rechtlicher Verfügungsbeeinträchtigungen ist in Einzelfällen umstritten (dazu Rdn 90 und § 6 Einl. Rdn 88 ff.).
Ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB ist keine Verfügungsbeeinträchtigung im hier beschriebenen Sinne. Das hiergegen verstoßende Rechtsgeschäft ist nichtig, gutgläubiger Erwerb in irgendeiner Weise ist nicht denkbar. Das gesetzliche Verbot ist nicht eintragungsfähig, es ergibt sich ja bereits aus dem Gesetz selbst.
Die Unterscheidung zwischen absolut wirkenden Verfügungsbeeinträchtigungen (Verfügungsentziehungen) und relativ wirkenden Verfügungsverboten ist für die Eintragung selbst weniger von Bedeutung. Sie hat im BGB ihren Grund in der Rechtsgeschichte, da bei Kodifizierung des BGB unter dem Gedanken der Freiheit des Rechtsverkehrs der lediglich relativen Wirkung einer Verfügungsbeeinträchtigung der Vorzug gegeben wurde. Die relative Unwirksamkeit tritt nicht ein, wenn der von dem Verbot Geschützte zustimmt. Insofern wird durch eine relative Unwirksamkeit auch ein verdeckter Genehmigungstatbestand normiert.
Heute bevorzugt man aus Gründen der Rechtsklarheit eher die absolute Wirkung von Verfügungsbeeinträchtigungen. So spricht bspw. § 2113 BGB scheinbar von Unwirksamkeit nur gegenüber dem Nacherben, sie wird aber allgemein als absolute Unwirksamkeit verstanden. Die Unwirksamkeit einer vormerkungswidrigen Verfügung nach § 883 Abs. 2 BGB kann dagegen nur vom Vormerkungsberechtigten geltend gemacht werden, sie wirkt nur relativ. Der Wandel in der Rechtsdogmatik wird vor allem im Insolvenzrecht deutlich. §§ 7 und 15 KO sprachen noch von "Unwirksamkeit gegenüber den Konkursgläubigern", zu § 81 Abs. 1 S. 1 InsO betont der Gesetzgeber die absolute Unwirksamkeit einer Verfügung des Schuldners nach Insolvenzeröffnung. Im Bereich des Immobiliarsachenrechts ist ein wirksamer Rechtserwerb in Anwendung des § 892 BGB denkbar. Die Verweisung auf § 892 Abs. 1 S. 2 BGB in § 81 Abs. 1 S. 2 InsO ist dann eher als gedanklicher Hinweis denn als echte Verweisung zu sehen. Würden § 81 Abs. 1 S. 2 InsO oder auch § 91 Abs. 2 InsO fehlen, wären die Vorschriften des bürgerlichen Rechts gleichwohl anwendbar. Die Anwendbarkeit des § 878 BGB ergibt sich schon daraus, dass diese Vorschrift gerade den Fall des § 91 Abs. 1 InsO, nämlich den Eintritt einer Verfügungsbeeinträchtigung vor Wirksamwerden der Verfügung durch Grundbucheintragung, betrifft. Gleiches gilt für den Gutglaubensschutz des § 892 Abs. 1 S. 2 BGB in Ansehung einer nicht im Grundbuch eingetragenen Verfügungsbeeinträchtigung. Zu §§ 7 und 15 KO, den Vorgängerregelungen zu §§ 81 und 91 InsO, wurde vertreten, die Verweisung auf § 892 BGB sei deshalb erforderlich, weil diese Vorschrift in ihrem Wortlaut nur Verfügungsbeeinträchtigung mit relativer Unwirksamkeit benennt, während die Unwirksamkeit des § 7 Abs. 1 KO eine absolute sei. Dies ist nicht richtig. Der Wortlaut des § 892 Abs. 1 S. 2 BGB ist historisch allein dahin zu verstehen, dass bei der Konzeption des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgehend vom früheren Pandektenrecht jede Verfügungsbeeinträchtigung, sofern es nicht um ein absolutes gesetzliches Verbot handelte, nur relative Unwirksamkeit nach sich zog. Auch im Wortlaut des § 7 Abs. 1 KO war schließlich nur von Unwirksamkeit der Verfügung des Schuldners gegenüber den Konkursgläubigern die Rede, obgleich dies allgemein als absolute Unwirksamkeit verstanden wurde. Völlig unstreitig ist § 892 Abs. 1 S. 2 BGB unmittelbar auf alle Arten relativer Verfügungsverbote und absolut wirkender Verfügungsentziehungen anzuwenden.
Die Unterscheidung zwischen absolut und relativ wirkenden Verfügungsbeeinträchtigung ist für das Grundbuchverfahren relevant, wenn weitere Eintragungen beantragt werden, die der Verfügungsbeeinträchtigung widersprechen. Während hier bei absolut wirkenden Verfügungsbeeinträchtigungen grundsätzlich keine Eintragung mehr erfolgen kann, bewirkt das relativ wirkende Verfügungsverbot keine sog....