I. Rechtsgrundlagen des Erbbaurechts
1. Gesetzliche Grundlagen
Rz. 150
Das Erbbaurecht in seinen verschiedenen Ausprägungen hat folgende Rechtsgrundlagen:
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Für "neue" Erbbaurechte: ErbbauRG v. 15.1.1919 (RGBl I 1919, 72), seinerzeit noch als ErbbauVO betitelt, seit G v. 23.11.2007 (BGBl I 2007, 2614) zutreffend als "Gesetz" betitelt. |
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Für "alte" Erbbaurechte, die vor dem 22.1.1919 begründet worden sind: §§ 1012–1017 BGB; § 8 GBO; § 60 GBV (§ 38 ErbbauRG). Ein Erbbaurecht alter Art kann durch Inhaltsänderung in ein solches nach dem Erbbaurechtsgesetz umgewandelt werden. |
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Für Wohnungserbbaurechte: § 30 WEG. |
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Zum Erbbaurecht als Heimstätte: Das Reichsheimstättengesetz wurde mit Gesetz v. 17.6.1993 (BGBl I 1993, 912) aufgehoben. |
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Zum Gesamterbbaurecht siehe § 6a GBO. |
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Für das Grundbuchverfahren gelten insbes. die §§ 14–17 ErbbauRG und §§ 54–59 GBV. |
2. Wesen des Erbbaurechts
Rz. 151
Das Erbbaurecht ist das einer natürlichen oder juristischen Person zustehende subjektiv-persönliche veräußerliche und vererbliche Recht, für eine bestimmte Zeit auf oder unter fremdem Boden ein Bauwerk haben (§ 1012 BGB; § 1 Abs. 1 ErbbauRG). Jede baurechtlich zulässige Art von Bauwerk genügt.
Rz. 152
Das Erbbaurecht ist ein auf bauliche Nutzung eines fremden Grundstücks gerichtetes dingliches Recht, es ist keine Sache und keine besondere Art von Eigentum bürgerlichen Rechts. Ein Erbbaurecht kann einem anderen als Bestandteil zugeschrieben oder mit einem anderen Erbbaurecht vereinigt werden, wenn beide Erbbaurechte die gleiche Laufzeit haben.
Rz. 153
Als "grundstücksgleiches Recht" wird das Erbbaurecht für seine Laufzeit einem Grundstück gleichgestellt und kann selbstständig wie ein Grundstück veräußert und mit dinglichen Rechten belastet werden (§ 11 Abs. 1 ErbbauRG). Es wird daher zutreffend als "juristisches Grundstück" bezeichnet und behandelt. Auch ein in Wohnungseigentum aufgeteiltes Grundstück kann mit einem Erbbaurecht belastet werden.
3. Grundstrukturen des Erbbaurechts
Rz. 154
Sachenrechtlich sind Eigentum am Grundstück und am neu errichteten und bei Erbbaurechtsbestellung bereits vorhandenen Bauwerk auf die Dauer des Erbbaurechts getrennt (§ 12 ErbbauRG).
Es besteht kein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigten; aber bestimmte schuldrechtliche Vereinbarungen können durch Eintragung als "Inhalt des Erbbaurechts" für und gegen die Sonderrechtsnachfolger verdinglicht werden (siehe Rdn 176 ff.).
Verfahrensrechtlich werden zwei Grundbücher (§ 14 ErbbauRG) wegen der sachenrechtlichen Trennung von Grundstück und Erbbaurecht geführt (vgl. Rdn 192).
Steuerrechtlich und wirtschaftlich wird das Erbbaurecht weitgehend wie Grundstückseigentum behandelt.
II. Sachenrechtliche Vereinbarungen über das Erbbaurecht
1. Einigung und Eintragung
Rz. 155
Das Erbbaurecht entsteht durch Einigung und Eintragung (§ 873 Abs. 1 BGB). Die Einigung ist materiell formlos wirksam; § 925 BGB gilt nicht (§ 11 Abs. 1 ErbbauRG). Ist im schuldrechtlichen Erbbaurechtsvertrag die Einigung enthalten, so erfasst § 11 Abs. 2 ErbbauRG i.V.m. § 311b BGB das ganze Geschäft. Die Eintragung muss am Grundstück an erster Rangstelle erfolgen (vgl. Rdn 193 ff.). Wird ein eingetragenes, noch nicht erloschenes Erbbaurecht auch in seinem gesetzlichen Inhalt (etwa Bebauungsbefugnis, Erbbauzeit) abgeändert, bedarf es zur Grundbucheintragung nicht erst der Aufhebung des bestehenden Erbbaurechts mit anschließender Neubestellung. Ein bereits bestehendes Erbbaurecht kann daher auch nahezu in seinem ganzen Inhalt neu gestaltet werden. Eine teilweise Neubestellung liegt aber dann vor, wenn ein bisher nicht belastetes Grundstück oder ein nicht belasteter Grundstücksteil mit dem Erbbaurecht belastet werden soll.
2. Bedingte und befristete Bestellung des Erbbaurechts
Rz. 156
Zulässig ist die Bestellung des Erbbaurechts unter einer aufschiebenden Bedingung oder ab bestimmtem Anfangstermin (z.B. ab Grundbucheintragung) oder bis zu einem bestimmten Endtermin (zur Dauer Rdn 174).
Rz. 157
Nicht zulässig ist die Bestellung unter einer auflösenden Bedingung (§ 1 Abs. 4 ErbbauRG) oder mit ungewissem Anfangs- oder Endtermin, z.B. Befristung auf Lebenszeit des Erbbauberechtigten oder des Grundstückseigentümers oder die Bestellung durch einen nicht befreiten Vorerben ohne Zustimmung des Nacherben.
3. Inhalt der Einigung
Rz. 158
Die Einigung muss Bestimmungen enthalten über:
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Bestellung des Erbbaurechts und Art des zulässigen Bauwerks (vgl. Rdn 160 ff., 17... |