1. Der Begriff des Sondernutzungsrechts
Rz. 110
Sondernutzungsrechte können an Teilflächen des gemeinschaftlichen Eigentums oder am gesamten gemeinschaftlichen Eigentum bestellt werden, auch bei einem im Miteigentum stehenden Teileigentum. Sondernutzungsrechte können allein durch schuldrechtliche Vereinbarung der Miteigentümer begründet werden. Sie gelten dann aber auch nur zwischen diesen und nicht für oder gegen Sonderrechtsnachfolger. Diese Geltung verschafft allein die Grundbucheintragung (§ 10 Abs. 3 WEG). Ein Sondernutzungsrecht mit dinglicher Wirkung für und gegenüber Rechtsnachfolgern entsteht daher keinesfalls durch jahrelangen Gebrauch seitens eines Miteigentümers, erst recht nicht kraft angeblichen Gewohnheitsrechts. Als Sondernutzungsrecht bezeichnet man daher die durch Grundbucheintragung verdinglichte Rechtsstellung eines WEers auf der Grundlage der § 5 Abs. 4, § 10 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 WEG, die weder ein selbstständiges dingliches Recht noch ein rein schuldrechtlicher Anspruch ist, sie ist "Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter". Ein Sondernutzungsrecht, welches den Gebrauch des Gemeinschaftseigentums betrifft, kann auch dem bloßen Bruchteil eines WE oder TE zugeordnet werden.
Die Eigenarten des Sondernutzungsrechts bestehen darin, dass es durch eine Vereinbarung der Miteigentümer oder einseitige Erklärung im Rahmen der Begründung nach § 8 WEG über den Gebrauch von gemeinschaftlichem Eigentum gem. § 10 Abs. 1 S. 2 WEG begründet und einem bestimmten WE oder TE zugeordnet wird, dem begünstigten Wohnungseigentümer nicht ohne seine Mitwirkung entzogen werden kann, an außenstehende Dritte nicht übertragbar ist (§ 6 WEG bzw. § 399 BGB) und durch Eintragung im Grundbuch mit "verdinglichten" Wirkungen gem. § 10 Abs. 3 WEG ausgestattet werden kann, wonach zum Inhalt des Sondereigentums des begünstigten Wohnungseigentümers positiv seine ausschließliche Benutzungsberechtigung und zum Inhalt des Sondereigentums aller übrigen Wohnungseigentümer negativ der Ausschluss ihrer eigenen gesetzlichen Berechtigung zum Mitgebrauch gehört (§ 5 Abs. 4 WEG). Inhalt des Sondereigentums der übrigen Eigentümer wird nur der Ausschluss der eigenen Berechtigung mit der Folge, dass nur inhaltliche, nicht räumliche Erweiterungen der Zustimmung der eingetragenen Gläubiger nicht bedürfen. Sondernutzungsrechte müssen nicht auf bestimmte Einzelnutzungen beschränkt werden. Ist ein Sondernutzungsrecht im Grundbuch eingetragen, obwohl es nicht oder nicht im eingetragenen Umfang besteht, kann ein Erwerber des berechtigten WE es kraft guten Glaubens nach § 892 BGB erwerben.
Zur praktischen Bedeutung von Sondernutzungsrechten bei Flächen im Freien, Nebenräumen, ebenerdigen Terrassen, Stellplätzen im Freien oder in Sammelgaragen; ganzen Gebäuden oder Gebäudeteilen, an Grundstücken Dritter, an denen zugunsten des in WE aufgeteilten Grundstücks eine Grunddienstbarkeit bestellt ist als Inhalt auch möglich die Befugnis zu baulichen Veränderungen.
Rz. 111
Seit 1.12.2020 ist nach § 3 Abs. 1 S. 2 WEG an Stellplätzen, insbesondere auch an Stellplätzen im Freien, die Begründung von Teileigentum möglich. Ferner kann an sonstigen Flächen, insbesondere Gartenflächen, ein sog. Annexeigentum nach § 3 Abs. 2 WEG begründet werden (Rdn 38, 39). Diese Rechtsinstitute können das Sondernutzungsrecht in den Hintergrund treten lassen, weil sie für den Rechtsverkehr praktikabler sind, insbesondere das frei verfügbare Teileigentum an Stellplätzen, oder weil sie die Nutzungsbefugnis klarer darstellen, insbesondere das Annexeigentum. Zwar kann bspw. für Gartenflächen auch weiterhin ein Sondernutzungsrecht begründet werden, das Annexeigentum erscheint aber attraktiver. Dies wird die Kautelarpraxis regeln. Bis 1.12.2020 begründete Sondernutzungsrechte bleiben als solche selbstverständlich bestehen. Ihre Umwandlung in Annexeigentum oder in Sondereigentum nach § 3 Abs. 1 S. 2 WEG bedarf der Zustimmung sämtlicher Miteigentümer.