I. Wesen und Wirkungen der Vormerkung des § 883 BGB
1. Vormerkung als Sicherungsinstrument
Rz. 3
Die Vormerkung ist kein dingliches Recht, sondern ein sachenrechtliches Sicherungsmittel, das dem geschützten schuldrechtlichen Anspruch dingliche Wirkungen im Sinne einer dinglichen Gebundenheit des Grundstücks verleiht, als grundbuchmäßiges Recht nach den Vorschriften des Grundbuchrechts zu behandeln ist und trotz seines dinglichen Charakters das rechtliche Schicksal des vorgemerkten schuldrechtlichen Anspruchs teilt, also als akzessorisches Sicherungsmittel eigener Art schuldrechtliche und sachenrechtliche Elemente in sich vereinigt. Der Vormerkungsschutz ermöglicht es dem Vormerkungsberechtigten, sich nicht nur kurzfristig zwischen Verpflichtungsgeschäft und Eigentumsumschreibung, sondern langfristig meistens abhängig von Bedingungen oder Zeitbestimmungen eine mit dinglichen Wirkungen ausgestattete, unter bestimmten Voraussetzungen eigentumsähnliche Rechtsstellung zu verschaffen. Die Gefahren der Vormerkung bestehen im Rechtsschein ihrer Eintragung, die nicht immer eine Gewähr für einen wirksamen Vormerkungsschutz bietet. Durch Übertragung, Verpfändung und Pfändung des vorgemerkten Anspruchs nimmt der Anspruchserwerber oder Pfandrechtsgläubiger am Vormerkungsschutz wie an den Gefahren des Vormerkungsscheines teil.
Rz. 4
Von der Vormerkung nach § 883 BGB sind Vormerkungen anderer Art zu unterscheiden. Zu nennen ist insbes. die Amtsvormerkung nach § 18 Abs. 2 GBO, die im Hinblick auf §§ 17, 45 GBO lediglich – aber auch immerhin – rangwahrende Wirkung hat (eingehend § 18 GBO Rdn 110 ff.).
2. Gesetzliche Grundlagen der Vormerkung
Rz. 5
Nach Schuldrecht ist der schuldrechtliche Anspruch zu beurteilen, also ob er entstanden, geändert, übertragen oder erloschen ist, welchen Inhalt er hat und ob er verkehrsfähig ist (§ 399 BGB; der Ausschluss der Abtretbarkeit ist im Grundbuch eintragungsfähig).
Rz. 6
Nach Sachenrecht richten sich die Vormerkungsfähigkeit, Voraussetzungen und Wirkungen der Vormerkung, auf die wegen ihres dinglichen Charakters verschiedene für dingliche Rechte geltende Rechtssätze entsprechend angewendet werden müssen.
Rz. 7
Grundbuchrecht gilt für die verfahrensmäßige Behandlung (siehe Rdn 30 ff.).
3. Schuldverhältnis und Anspruch
Rz. 8
Das Schuldverhältnis ist die Rechtsbeziehung zwischen Gläubiger und Schuldner. Aus ihm entstehen meistens eine Reihe von Einzelansprüchen, von denen nicht alle vormerkungsfähig sind. Die Vormerkung hat die Aufgabe, die Verwirklichung des Anspruchs in die Wege zu leiten, den Vormerkungsberechtigten gegen Vereitelung oder Beeinträchtigung seines Anspruchs zu schützen und den Rechtserwerb im Range der Vormerkung zu sichern. Gerade im Zusammenhang mit der Veräußerung des Grundstücks und der Sicherung der Rechtsposition des Erwerbers hat die sog. Auflassungsvormerkung große praktische Bedeutung (eingehend zu der Rechtslage zwischen Auflassung und Eintragung § 5 Einl. Rdn 23 ff.).
4. Sicherungswirkungen der Vormerkung
Rz. 9
Die Sicherungswirkungen der Vormerkung nach § 883 BGB lassen sich in vier Kategorien untergliedern:
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Sicherungswirkung (§ 883 Abs. 2 BGB; § 888 Abs. 1 BGB), aber keine Verfügungsbeschränkung und keine Grundbuchsperre zur Folge; die Vormerkung hindert den Schuldner nicht an vormerkungswidrigen Verfügungen (siehe § 19 GBO Rdn 92 ff.); |
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Rangwirkung (§ 883 Abs. 3 BGB), die dem vorgemerkten dinglichen Recht bei dessen Eintragung kraft Gesetzes den Rang der Vormerkung verleiht; |
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Vollwirkung durch Insolvenzschutz (§ 106 InsO) und Schutzwirkung gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (§ 883 Abs. 2 S. 2 BGB, § 48 ZVG): Die wirksame Vormerkung gibt dem Berechtigten in der Insolvenz gegenüber dem Insolvenzverwalter den Anspruch auf Erfüllung des gesicherten Anspruchs, auch wenn im Übrigen ein nicht erfüllter Vertrag nach § 103 InsO nicht erfüllt werden muss. In der Zwangsversteigerung ist bei der Bildung des geringsten Gebots die Vormerkung wie das eingetragene dingliche Recht zu behandeln (§ 48 ZVG). Sie ist als Recht in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG zu berücksichtigen und geht ggf. vorrangigen Ansprüchen – auch den Ansprüchen der WEG-Gemeinschaft aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG – nach, wenn aus diesen die Zwangsversteigerung betrieben ... |