I. Definition und Abgrenzung
Rz. 98
Das BGB gibt keine Definition des Begriffs Dienstbarkeit. Auch altrechtliche Servituten sind grundsätzlich nach Dienstbarkeitsrecht zu behandeln, obwohl insoweit eine Eintragungspflicht nicht besteht. Im BGB geregelt sind:
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Grunddienstbarkeiten §§ 1018 ff. BGB: Sie geben nur dem jeweiligen Eigentümer eines Grundstücks Rechte an einem anderen Grundstück; |
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beschränkte persönliche Dienstbarkeiten §§ 1090 ff. BGB: Sie können nur bestimmten natürlichen oder juristischen Personen gegenüber einem anderen Grundstück zustehen; |
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Nießbrauch §§ 1030 ff. BGB: Er kann einer bestimmten natürlichen oder juristischen Person, an einer Sache, an einem Recht oder an einem Vermögensbegriff zustehen. Seinem Wesen nach ist er ebenfalls Dienstbarkeit. |
Die Dienstbarkeiten sind zu unterscheiden:
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von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen des Eigentums. |
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von der Reallast. Die Dienstbarkeit gibt die Befugnis zur unmittelbaren oder mittelbaren Einwirkung auf das Grundstück zum Zweck der Nutzung, während der Reallast Leistungen des Grundstückseigentümers verdinglicht. Eine Mischung aus Reallast und beschränkter persönlicher Dienstbarkeit stellt das Altenteils- oder Leibgedingsrecht dar; |
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vom Erbbaurecht. Die Dienstbarkeit gibt die Befugnis zur Nutzung mit einem sachlich engeren Umfang (bei der Grunddienstbarkeit) oder nur einer bestimmten natürlichen oder juristischen Person (beim Nießbrauch) oder in beider Hinsicht (bei der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit); |
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von den grundstücksgleichen Berechtigungen des Landesrechts. |
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von den öffentlichen Lasten. Diese sind nicht eintragungsfähig. Damit steht nicht im Widerspruch, dass die Begründung einer Dienstbarkeit von an sich öffentlich-rechtlichem Inhalt durch privatrechtlichen Begründungsakt möglich ist mit der Folge, dass dem Berechtigten jeweils ein Privatrecht erwächst. |
Altrechtl. bayer. Forstrechte und Forstnebenrechte sind im Regelfall Grunddienstbarkeiten oder beschränkte persönliche Dienstbarkeiten. Die Neubestellung ist untersagt.
II. Grunddienstbarkeit
1. Allgemeines
Rz. 99
Die Grunddienstbarkeit erzeugt dingliche Rechtsbeziehungen unmittelbar zwischen dem dienenden und herrschenden Grundstück (oder grundstücksgleichen Recht). Da sie mit dem Eigentum am herrschenden Grundstück untrennbar verbunden ist, bildet sie einen Bestandteil dieses Grundstücks (§ 96 BGB). Mit der Bewilligung einer "beschränkten persönlichen Dienstbarkeit" zugunsten der jeweiligen Eigentümer eines Grundstücks kann eine Grunddienstbarkeit gewollt sein.
2. Belastungsgegenstand (dienendes Grundstück)
Rz. 100
Belastungsgegenstand können Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte sein. Grundstücksgleiche Rechte sind außer dem Erbbaurecht (vgl. § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG), die in den Art. 63, 68, 196 EGBGB erwähnten, der Landesgesetzgebung vorbehaltenen Erbpacht-, Abbau- und sonstigen Rechte. Keine grundstücksgleichen Rechte sondern echtes Grundstückseigentum sind Wohnungs- und Teileigentum und selbstständiges Gebäudeeigentum im Beitrittsgebiet. Auch sie können mit einer Dienstbarkeit belastet werden, wenn sich der Ausübungsbereich auf das konkrete Wohnungs- oder Teileigentum oder das Gebäude erstreckt. Soll das ganze Grundstück belastet werden, bedarf es der Bewilligung sämtlicher Eigentümer bei Wohnungs- und Teileigentum oder der Bewilligung auch des Grundstückseigentümers bei Gebäudeeigentum. Der WEG-Verwalter ist nicht kraft § 9b Abs. 1 WEG befugt, die Eintragung zu bewilligen.
Rz. 101
Ob und unter welchen Voraussetzungen mehrere Grundstücke mit der gleichen Dienstbarkeit belastet werden können, ist streitig. Die Frage ist zu bejahen, jedenfalls dann, wenn sich der Ausübungsbereich auf mehrere Grundstücke erstreckt. Dies ist nicht der Fall, wenn ein unbebautes Grundstück als Gartenland wegen eines Wohnungsrechtes belastet wird.
Rz. 102
Dem Gemeingebrauch gewidmete Grundstücke im öffentlichen oder privaten Besitz – insbes. öffentliche Wege – können Belastungsgegenstand sein, soweit nicht die öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung der betreffenden Fläche entgegensteht.
Bedeutung hat dies für das Bestehenbleiben von Dienstbarkeiten bei Zuschreibung von Grundstücksflächen zu öffentlichen Straßen. Eine grundsätzliche Löschung der Dienstbarkeiten ist nicht empfehlenswert, da bei einer Entwidmung der öffentlichen Fläche unvorhergesehene neue Rechtslagen entstehen können.
Auch mehrere inhaltsgleiche und sich dadurch gegenseitig beeinträchtigenden Dienstbarkeiten können mit gleichem Rang für jeweils verschiedene Berechtigte bestellt werden.