1. Wesen und Rechtsgrundlagen
Rz. 204
Das dingliche Vorkaufsrecht gewährt dem Vorkaufsberechtigten das Recht, vom Verpflichteten das belastete Grundstück zu den gleichen Vertragsbedingungen zu kaufen, zu denen der Verpflichtete es an einen Dritten verkauft hat. Rechtsgrundlagen sind §§ 1094 ff., ergänzend §§ 463 ff. BGB.
Rz. 205
Das dingliche Vorkaufsrecht ist eine dingliche Belastung des Grundstücks, die durch Einigung und Eintragung entsteht (§ 873 BGB), auf das die §§ 889, 891 ff., 902 BGB anwendbar sind und das nach dem Abstraktionsprinzip von keinem schuldrechtlichen Grundgeschäft abhängig ist.
2. Wirkungen des Vorkaufsrechts
Rz. 206
Dem Dritten gegenüber hat es die Wirkung einer Vormerkung zur Sicherung des durch und mit Ausübung des Vorkaufsrechts entstehenden Übereignungsanspruchs (§§ 1098 Abs. 2, 883 ff. BGB) und zwar gegenüber belastenden Verfügungen frühestens ab Eintritt des Vorkaufsfalles, gegenüber der Übertragung des Eigentums aufgrund Kaufs schon mit der Entstehung und nicht erst mit der Ausübung des Vorkaufsrechts. Ein durch Vormerkung gesichertes schuldrechtliches Vorkaufsrecht ist stärker in seinen Wirkungen als ein dingliches Vorkaufsrecht. Das Vorkaufsrecht stellt wie die Vormerkung keine Grundbuchsperre dar, weder nach Eintragung noch nach Ausübung.
3. Entstehung und Grundbucheintragung
Rz. 207
Das Vorkaufsrecht entsteht durch Einigung und Eintragung. Das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft zur Vorkaufsrechtsbestellung bedarf der notariellen Beurkundung (§ 311b Abs. 1 BGB). Ein Formmangel wird durch Einigung und Eintragung insoweit geheilt, als zwischen den Parteien im Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts eine Willensübereinstimmung über die Bestellung des Vorkaufsrechtes noch besteht. Beim schuldrechtlichen Vorkaufsrecht (und der zu seiner Sicherung eingetragenen Vormerkung) ist die Beurkundungsform des § 311b Abs. 1 BGB Wirksamkeitsvoraussetzung, deren Verletzung durch Eintragung der Vormerkung nicht geheilt wird.
Rz. 208
Für Grundbucheintragung genügt die Bewilligung des betroffenen Grundstückseigentümers (§ 19 GBO), weil das Vorkaufsrecht eine Belastung des Grundstücks ist. Das notariell beurkundete Verpflichtungsgeschäft muss dem Grundbuchamt weder vorgelegt noch in der Bewilligung erwähnt werden. Das Verpflichtungsgeschäft ist vom Grundbuchamt nicht zu prüfen; aber der Notar hat es zu prüfen und ggf. die Unterschriftsbeglaubigung abzulehnen, wenn die Beurkundungspflicht verletzt ist.
4. Berechtigter des Vorkaufsrechts
Rz. 209
Das Vorkaufsrecht kann als subjektiv-persönliches und als subjektiv-dingliches Recht bestellt werden.
Berechtigter des subjektiv-persönlichen Rechts kann jede erwerbsfähige natürliche und juristische Person sein; auch wenn sie bereits ein inhaltlich oder rangmäßig anderes Vorkaufsrecht am gleichen Grundstück hat. Der Grundstückseigentümer selbst kann nach den für Eigentümerrechte geltenden Grundsätzen Berechtigter sein, weil das Vorkaufsrecht als dingliche Belastung den § 889 BGB nicht ausschließt und bei Bestellung gem. § 1094 Abs. 2 BGB der Eigentümer des herrschenden und dienenden Grundstücks identisch sein können; das Vorkaufsrecht erlischt im Übrigen nicht mit sonstigem Eigentumserwerb des Berechtigten durch Konsolidation.
Rz. 210
Berechtigter des subjektiv-dinglichen Rechts ist der jeweilige Eigentümer eines anderen Grundstücks (§ 1094 Abs. 2 BGB), Miteigentumsanteils, Wohnungseigentums, Erbbaurechts oder auch der jeweilige Inhaber eines Miteigentumsanteils an dem mit Vorkaufsrecht belasteten Grundstück (§ 1009 Abs. 1 BGB). Ein "für den Berechtigten und seine Rechtsnachfolger" bestelltes Vorkaufsrecht ist kein subjektiv-dingliches, sondern ein "vererbliches und übertragbares Vorkaufsrecht" (§ 1098 Abs. 1 mit § 473 BGB), des...