1. Verfügungsentziehungen
Rz. 88
Die Fälle des völligen Entzugs der Verfügungsbefugnis haben drei gemeinsame Besonderheiten:
Erstens: Der Rechtsinhaber verliert seine Verfügungsbefugnis, die regelmäßig einem Verwalter übertragen wird.
Zweitens: Die Beschränkungen wirken absolut, zwar nur im Rahmen ihres Schutzzweckes, aber mit der Wirkung einer Grundbuchsperre.
Drittens: Der gutgläubige Erwerber wird geschützt (§ 892 Abs. 1 S. 2 BGB), deshalb ist die Eintragungsfähigkeit zu bejahen.
Für die Rechtspraxis sind vier Einzelfälle der Verfügungsentziehung besonders zu nennen:
Rz. 89
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Der Insolvenzvermerk (§ 32 InsO) wird auf Ersuchen des Insolvenzgerichts (§ 32 Abs. 2 S. 1 InsO) oder auf Antrag des Insolvenzverwalters (§ 32 Abs. 2 S. 2 InsO) unter Vorlage des Eröffnungsbeschlusses (§ 27 InsO) und der Bestallungsurkunde (§ 56 Abs. 2 InsO) eingetragen; er ist auch bei Insolvenzeröffnung im Ausland einzutragen, wenn nach Kollisionsrecht inländisches Vermögen erfasst ist (Art. 14, 29 EuInsVO; § 346 InsO). |
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Der Vermerk über Nachlassverwaltung (§§ 1975 ff., 1984 BGB) wird auf Antrag des Nachlassverwalters im Wege der Grundbuchberichtigung ohne Zustimmung der Erben unter Vorlage des Anordnungsbeschlusses (§§ 1981, 1983 BGB) oder auf Ersuchen des Nachlassgerichts, das dazu ebenfalls verpflichtet ist, eingetragen (vgl. hierzu § 38 GBO Rdn 23). |
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Der Testamentsvollstreckervermerk (§§ 2197 ff., 2211 BGB) wird von Amts wegen (§ 52 GBO) gleichzeitig mit Eintragung des Erben – nicht ohne sie – ohne Namen des Testamentsvollstreckers und ohne Angabe seiner Befugnisse eingetragen; nur bei Testamentsvollstreckung nach § 2222 BGB zur Wahrnehmung der Rechte des Nacherben ist diese Aufgabe zu vermerken. Der Testamentsvollstrecker kann auf die Eintragung des Vermerks nicht verzichten. |
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Der Vermerk über den Entzug des Verfügungsrechts des Vorerben (§§ 2129, 1052 BGB) wird nicht von Amts wegen, sondern auf Antrag des Nacherben oder des Verwalters im Wege der Grundbuchberichtigung unter Vorlage des Anordnungsbeschlusses eingetragen. |
2. Verfügungsbeschränkung bei bedingten Berechtigten
Rz. 90
Die Fälle der Anwartschaft eines bedingt Berechtigten haben folgende Besonderheiten:
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Dem Rechtsinhaber wird die Verfügungsbefugnis nicht entzogen, sondern nur beschränkt. |
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Die Beschränkung wirkt absolut, aber erst nach Eintritt der Bedingung. |
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Der gutgläubige Erwerber wird geschützt (§ 161 Abs. 3 BGB), daher Eintragungsfähigkeit der Verfügungsbeschränkung. |
Rz. 91
Einzelfälle eintragungsfähiger Vermerke:
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Der Nacherbenvermerk (§§ 2100 ff. BGB) ist von Amts wegen (§ 51 GBO) gleichzeitig mit Eintragung des Vorerben, nicht ohne sie, unter genauer Bezeichnung aller Nacherben und Ersatznacherben (§ 2102 BGB) und weiterer Nacherben und unter Angabe der Befreiung von §§ 2113 Abs. 1, 2114 BGB einzutragen, siehe dazu § 51 GBO Rdn 13 ff. |
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Der Vermerk über die Verfügungsbeschränkung des Rechtsinhabers bei auflösend bedingter oder von Endtermin abhängiger Verfügung (§ 161 BGB) wird von Amts wegen mit der Eintragung des Erwerbers, wenn das Grundbuchamt weiß, dass er unter einer auflösenden Bedingung oder Endtermin erworben hat, eingetragen, wodurch eine Verfügungsbeschränkung i.S.d. § 161 BGB ausgelöst wird. |
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Der Vermerk über die Verfügungsbeschränkung des Rechtsinhabers bei aufschiebend bedingter oder von Anfangstermin abhängiger Verfügung (§ 161 BGB) wird im Wege der Grundbuchberichtigung auf Antrag (§ 13 GBO) und entweder Berichtigungsbewilligung des Betroffenen (§§ 19; 22 GBO) oder Nachweis dieser Verfügung (vgl. § 22 GBO Rdn 108) in Form des § 29 GBO eingetragen. |
3. Relative gesetzliche Verfügungsverbote
Rz. 92
Relative Verfügungsverbote, die auf Gesetz beruhen (§ 135 BGB) sind eintragungsfähig als Schutz gegen gutgläubigen Erwerb (§ 135 Abs. 2 BGB). Der Vermerk muss unmittelbar in das Grundbuch eingetragen werden, Bezugnahme genügt nicht.
Einzelfälle eintragungsfähiger Vermerke über gesetzliche...