a) Öffentliche Verfügung von Todes wegen
Rz. 388
Auch durch ausländische Urkundspersonen erstellte öffentliche Urkunden, die Verfügungen von Todes wegen beinhalten, können nach § 35 Abs. 1 S. 2 GBO zum Nachweis der Erbfolge vorgelegt werden. Das Grundbuchamt kann diese Dokumente berücksichtigen und eine Prüfung der Erbfolge vornehmen, muss das aber nicht.
Rz. 389
Eine öffentliche Urkunde liegt vor, wenn sie von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises aufgenommen und dabei die vorgeschriebene Form beachtet wurde. Testamente mit beglaubigter Unterschrift sind keine öffentlichen Urkunden. Schon deshalb scheiden von einem britischen oder US-amerikanischen "notary public" beglaubigte Testamente aus dem Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 S. 2 GBO aus. Notare aus dem Bereich des lateinischen Notariats sind hingegen als öffentliche Amtspersonen anzuerkennen. Von ihnen beurkundete Verfügungen von Todes wegen können daher typischerweise die Erfordernisse des § 35 Abs. 1 S. 2 GBO erfüllen. Ein holographisches Testament, das nach dem Erbfall bei Gericht hinterlegt und inhaltlich in das Hinterlegungsprotokoll aufgenommen wird, wird dadurch nicht zu einer öffentlichen Urkunde.
Rz. 390
Die Prüfungspflicht des Grundbuchamtes erstreckt sich in formeller Hinsicht zunächst darauf, ob eine öffentliche Urkunde gegeben ist. Der Echtheitsnachweis muss, soweit eine Apostille nicht genügt oder eine sonstige Erleichterung greift, grundsätzlich durch Legalisation geführt werden (siehe Rdn 362).
Rz. 391
Das Grundbuchamt hat die Verfügung auf ihre Wirksamkeit und ihren Inhalt hinsichtlich der Erbfolge zu überprüfen, ggf. auch auszulegen. Zu diesem Zweck hat es das anwendbare Recht anhand der deutschen Kollisionsregeln zu ermitteln (siehe Rdn 417). Die Kenntnis des ausländischen Rechts hat sich das Grundbuchamt, notfalls über Gutachten eines Universitätsinstituts, selbst zu verschaffen. Ob die Vorlage eines Erbscheins selbst dann nicht verlangt werden kann, wenn die Feststellung des Inhalts der ausländischen Rechtsordnung besondere Schwierigkeiten aufwirft, ist allerdings umstritten.
Rz. 392
Einen Nachweis über die Annahme oder Nichtausschlagung der Erbschaft darf das Grundbuchamt grundsätzlich nicht verlangen. Soweit durch die Verfügung von Todes wegen die gesetzliche Erbfolge nicht abgeändert wird, muss ein Erbschein selbst dann verlangt werden, wenn die Eröffnungsniederschrift Feststellungen über die gesetzlichen Erben enthält. Vor allem im romanischen Rechtskreis ist häufig ein echtes materielles Noterbrecht in dem Sinn vorgesehen, dass zugunsten der Noterbberechtigten über einen bestimmten Teil des Nachlasses nicht disponiert werden kann, wobei allerdings i.d.R. eine Herabsetzungsklage des Berechtigten vorausgesetzt wird. Hier ist aus dem Testament bzw. Erbvertrag allein die Erbfolge nicht ausreichend nachgewiesen, so dass ein Erbschein verlangt werden kann. Bei Anwendbarkeit österreichischen Erbrechts ist ein Erbvertrag, der das freie Viertel (§ 1253 ABGB) missachtet, für § 35 Abs. 1 S. 2 GBO unbrauchbar.