Rz. 246
Das Güterstatut muss auch gegenüber den Rechtsordnungen, die die vom Güterrecht beeinflussten Einzelgegenstände in dinglicher Hinsicht beherrschen, abgegrenzt werden, also bei Sachen dem insoweit maßgeblichen Recht des Lageortes (Lex rei sitae). Das Güterrecht nimmt hier in vielfacher Weise Einfluss, etwa auf die Art gemeinschaftlichen Eigentums, die Zuordnung zu den Gütermassen, Regelungen über Verfügungsbefugnisse oder die Besitzlage. Als Grundsatz lässt sich für diese Abgrenzung formulieren: Das Güterstatut bestimmt nicht nur, welche Gütermassen überhaupt zu unterscheiden sind, sondern auch, ob der einzelne Gegenstand überhaupt in die Gütermasse fällt, wenn ja, in welche Gütermasse er gehört und welche Lasten und Beschränkungen kraft Güterrechts an ihm entstehen sollen. Ob diese Rechtsänderungen tatsächlich eintreten können, entscheidet das Statut des Einzelgegenstandes. Das Güterstatut sagt also, welche vermögensrechtlichen Folgen die Eheschließung oder ein Ehevertrag, grundsätzlich auch gegenüber Dritten, hervorruft. Das Statut des Einzelgegenstandes befindet darüber, ob es eine solche vom Güterrecht vorgesehene dingliche Änderung auch vollzieht. Ihm obliegen beispielsweise die Ausgestaltung des Inhalts dinglicher Rechte und Pflichten, die Festsetzung, wie über sie verfügt wird, sowie das Aufstellen von Publizitätserfordernissen. Geraten Güterstatut und Einzelstatut in Konflikt, weil sich das anwendbare Güterrecht beispielsweise am Lageort der Sache nicht durchsetzen lässt, so gebührt dem Einzelstatut regelmäßig der Vorrang.
Rz. 247
Daher ist es z.B. Sache des Rechts am Belegenheitsort des Grundstückes, bei beschränkt dinglichen Rechten die Frage zu beantworten, wie sie entstehen, mit welchem Inhalt sie überhaupt zulässig sind und wie über sie verfügt werden kann. Verlangt das Recht des Lageortes für die Entstehung des dinglichen Rechts eine Übertragungshandlung, während das allgemeine Ehewirkungsstatut bzw. Güterstatut darauf verzichtet, so sind die Eheleute zur Vornahme der Übertragung verpflichtet. Deshalb entstehen die in manchen Rechtsordnungen vorgesehenen Legalhypotheken zugunsten des Ehegatten an einem deutschen Grundstück nicht kraft Gesetzes, da die inländische Lex rei sitae und ihr Eintragungszwang für die unter Lebenden entstehenden dinglichen Rechte dem entgegenstehen. Dasselbe gilt für im allgemeinen Ehewirkungsstatut bzw. Güterrechtsstatut vorgesehene Nießbrauchsrechte. Auch hier ist eine rechtsgeschäftliche Einräumung erforderlich, wozu der Eigentümer-Ehegatte verpflichtet ist.
Rz. 248
Auch eine güterrechtlich erzwungene automatische Vergemeinschaftung eines Gegenstandes ist darauf zu überprüfen, ob sie dem Einzelstatut nicht fremd ist. Das Güterrechtsstatut kann keine Rechtsfolgen anordnen, die dem Einzelgegenstandsstatut nach ihrer Art unbekannt sind, insbesondere kann ein Gemeinschaftseigentum nicht in einem Staat entstehen, in dem es diese Eigentumsform überhaupt nicht gibt. Dabei ist nicht erforderlich, dass dem Einzelstatut der das gemeinschaftliche Eigentum begründende Güterstand genau in der Form auch bekannt ist, wie ihn das Güterstatut vorsieht. Demgemäß kann unproblematisch auch eine in Deutschland belegene Sache zu einem Gesamtgut nach ausländischem Recht, etwa der Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht, erworben werden, weil dem deutschen Recht ein Gesamthandseigentum als solches bekannt ist. Erwirbt ein Ehegatte – oder erwerben beide Ehegatten – von einem Dritten rechtsgeschäftlich ein deutsches Grundstück, so kann eine aufgrund Güterrechts vorgesehene Vergemeinschaftung sich erst vollziehen, wenn der rechtsgeschäftliche Erwerb im Grundbuch eingetragen ist, da nach der Lex rei sitae (§§ 873, 925 BGB) dies Voraussetzung für den Eigentumsübergang vom Dritten auf den oder die Ehegatten ist.
Rz. 249
Vom Güterstatut angeordnete Verfügungsbeschränkungen, etwa Zustimmungserfordernisse oder Genehmigungserfordernisse, werden vom deutschen Recht als Sachenrechtsstatut grundsätzlich akzeptiert. Nicht anerkannt werden vom deutschen Sachenrecht als Einzelstatut aber zwischen den Eheleuten (ehe-)vertraglich vereinbarte Verfügungsbeschränkungen – jedenfalls nicht als dinglich wirkend –, da sie als rechtsgeschäftliche Verfügungsverbote dem § 137 S. 1 BGB widersprechen.