Rz. 179
Zum Vollmachtsstatut gehört zum einen die wirksame Begründung und Gültigkeit der Vollmacht. Hierzu rechnet die Frage nach der Erteilung der Vollmacht (durch einseitige Willenserklärung oder durch Vertrag) ebenso wie die Relevanz etwaiger Willensmängel bei der Erteilung und die Frage, wem gegenüber die Vollmachtserklärung abzugeben ist. Weiterhin sind beispielhaft zu nennen die Zulässigkeit einer verdeckten Stellvertretung, die Wirksamkeit unwiderruflich erteilter Generalvollmachten und das Problem, ob auch ein Geschäftsunfähiger Bevollmächtigter sein kann (vgl. § 165 BGB).
Rz. 180
Das Vollmachtsstatut bestimmt auch über den Umfang der Vollmacht und damit über die Frage, ob das vom Vertreter mit dem Dritten abgeschlossene Rechtsgeschäft durch die Vollmacht gedeckt ist. Nach diesem Recht beurteilt sich also, wie die Vollmacht auszulegen ist, ob eine Untervollmacht zulässig ist, was ein Vollmachtsmissbrauch voraussetzt und welche Folgen er zeitigt; allerdings richtet sich eine etwaige Haftung des Vollmachtgebers gegenüber dem Dritten aus anderen Rechtsgründen, wie Culpa in contrahendo oder Delikt, jeweils nach deren Statut und nicht dem Vollmachtsstatut. Bei dem in § 181 BGB geregelten Problemkreis, ob der Bevollmächtigte mit sich selbst kontrahieren bzw. als Mehrfachvertreter auftreten darf, handelt es sich um eine Frage der Tragweite der Vollmacht, die dem Vollmachtsstatut zu unterwerfen ist.
Rz. 181
Die Reichweite des Vollmachtsstatuts erstreckt sich nicht nur auf Erteilung, Wirksamkeit, Inhalt und Umfang, sondern auch auf die Dauer und die Beendigung, also das Erlöschen der Vollmacht. Als Erlöschensgründe sind insoweit etwa denkbar der Ablauf einer gesetzlich festgelegten Gültigkeitsdauer der Vollmacht oder der Eintritt von Geschäftsunfähigkeit. Außerdem sind hier der Einfluss eines Widerrufs der Vollmacht wie auch der Einfluss des Todes des Vollmachtgebers und damit die Zulässigkeit und Wirkungen von post- und transmortalen Vollmachten zu nennen. Auch die Rechtsfolgen der Beendigung des Innenverhältnisses auf den Fortbestand der Vollmacht sind aus dem Vollmachtsstatut abzuleiten, während die Frage, ob und zu welchem Zeitpunkt das der Vollmacht zugrunde liegende Verhältnis beendet worden ist, nach dem auf dieses Grundverhältnis anwendbaren Recht beurteilt werden muss.
Rz. 182
Nicht vom Vollmachtsstatut zu entscheiden ist, ob bei dem vom Stellvertreter vorgenommenen bzw. vorzunehmenden Hauptgeschäft überhaupt eine Stellvertretung zulässig ist oder ob es nur persönlich abgeschlossen werden darf. Hierüber befindet das Hauptstatut, das das vom Stellvertreter vorgenommene bzw. vorzunehmende Rechtsgeschäft beherrscht, ebenso wie darüber, ob für dieses Rechtsgeschäft eine Generalvollmacht ausreicht oder eine Spezialvollmacht gegeben sein muss. Sehr umstritten ist die Rechtslage bei der Vertretung ohne Vertretungsmacht. Hierbei soll das Geschäftsstatut, das für das vom Vertreter ohne Vertretungsmacht vorgenommene Rechtsgeschäft gilt, befinden über die Zulässigkeit einer Vertretung ohne Vertretungsmacht wie auch darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Genehmigung des Vertretenen möglich ist und welche Wirkungen diese nach sich zieht. Dahingegen ist die Einordnung der Haftung des Falsus procurator sehr umstritten.