a) Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV)
Rz. 74
Bei der EWIV handelt es sich um die erste supranationale europäische Gesellschaftsform, die aus deutscher Sicht einer OHG mit Fremdgeschäftsführung ähnelt. Rechtsgrundlagen sind die EG-Verordnung Nr. 2137/85 vom 25.7.1985 (ABl EG L 199/1; EWIV-VO) und das deutsche Ausführungsgesetz dazu vom 14.4.1988 (BGBl I 514; EWIV-AG). Art. 12 EWIV-VO schreibt zwingend einen mit dem Verwaltungssitz sich deckenden Satzungssitz in der EG vor. Dort ist die EWIV in das Handelsregister einzutragen, Art. 1 Abs. 1, 6 EWIV-VO. Ab der Eintragung steht ihr die Fähigkeit zu, im eigenen Namen Träger von Rechten und Pflichten jeder Art zu sein, Verträge zu schließen oder andere Rechtshandlungen vorzunehmen und vor Gericht zu stehen, Art. 1 Abs. 2 EWIV-VO.
Rz. 75
Die Geschäftsführung und die Vertretung obliegen den Geschäftsführern, Art. 19, 20 EWIV-VO. Mehrere Geschäftsführer vertreten einzeln, wenn nicht im Gründungsvertrag Gesamtvertretung angeordnet ist, Art. 20 Abs. 2 EWIV-VO. Dritten kann die Gesamtvertretungsberechtigung aber nur entgegengehalten werden, wenn sie ordnungsgemäß im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht wurde, Art. 20 Abs. 2 i.V.m. 8, 9 Abs. 1 EWIV-VO. Unechte Gesamtvertretung eines Geschäftsführers zusammen mit einem Prokuristen ist ausgeschlossen, da Art. 20 Abs. 1 EWIV-VO die ausschließliche Vertretung durch den bzw. die Geschäftsführer vorschreibt. Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB ist entsprechend der Rechtslage bei der OHG denkbar.
b) Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea, SE)
Rz. 76
Als weitere supranationale Gesellschaftsform bietet das Europarecht die SE an. Die maßgebliche EG-Verordnung Nr. 2157/2001 vom 8.10.2001 (ABl EG L 294/1; SE-VO) ist am 8.10.2004 in Kraft getreten. Nach dieser Verordnung (VO) richtet sich primär die rechtliche Verfassung einer SE. Im Übrigen enthält das jeweils anwendbare nationale Gesellschaftsrecht (Art. 9 SE-VO) Regelungen. Insoweit gilt in Deutschland das zugehörige Ausführungsgesetz vom 22.12.2004 (BGBl I 3675; SE-AG). Der Sitz der SE muss in der EU liegen, und zwar in dem Mitgliedstaat, in dem sich ihre Hauptverwaltung befindet, Art. 7 SE-VO. Sie besitzt Rechtspersönlichkeit, Art. 1 Abs. 3 SE-VO. Für die innere Struktur der SE kann zwischen einem dualistischen System (Art. 39 ff. SE-VO; Trennung von Verwaltungs- und Aufsichtsorgan) und einem monistischen System (Art. 43 ff. SE-VO; einheitliches Leitungsgremium) gewählt werden.
c) Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea, SCE)
Rz. 77
Die Vertretung einer SCE kann verschieden geregelt sein, ergibt sich aber stets aus dem Handelsregister.