Rz. 39
Ausländische Gesellschaften können als Begünstigte in das deutsche Grundbuch eingetragen werden, wenn sie nach dem anzuwendenden Gesellschaftsrecht aus der Perspektive der deutschen Rechtsordnung rechtsfähig sind. Ein förmlicher Beweis der Rechtsfähigkeit gegenüber dem Grundbuchamt ist hierbei im Hinblick auf die Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) nicht erforderlich. Vielmehr wird es für ausreichend erachtet, dass der Bestand und die Rechtsfähigkeit des ausländischen Rechtsträgers nicht ausgeschlossen sind. Unter Berufung auf die Rechtsprechung wird in der Literatur vertreten, dass das Grundbuchamt keine Nachforschungen hinsichtlich der Beteiligtenfähigkeit/Rechtsfähigkeit anstellen dürfe; es sei vielmehr genügend, wenn die begünstigte Gesellschaft beteiligtenfähig sein kann und wenn die in der Bewilligung zur Bezeichnung der Rechtspersönlichkeit gemachten Angaben der Wirklichkeit entsprechen können. Im Hinblick auf die dingliche Einigung gemäß § 20 GBO ist die Rechtsfähigkeit der an der Einigung beteiligten Rechtsträger materielle Wirksamkeitsvoraussetzung. Das Grundbuchamt muss das Vorliegen der Rechtsfähigkeit mit Bezug auf § 20 GBO von Amts wegen prüfen. Das Grundbuchamt ist hierzu berechtigt, sich bei berechtigten Zweifeln im Hinblick auf die Rechtsfähigkeit Unterlagen vorlegen zu lassen, z.B. Handelsregisterauszüge. Dieser Grundsatz gilt gleichermaßen für in- und ausländische Rechtspersönlichkeiten. Er dürfte bei ausländischen Rechtspersönlichkeiten regelmäßig zur Anwendung kommen. Die Anknüpfung des Gesellschaftsstatuts ist im deutschen Recht allerdings umstritten, da es hierfür keine geschriebene Kollisionsnorm gibt, vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. f und g Rom I-VO. Das EGBGB behandelt das Gesellschaftsstatut selbst nicht ausdrücklich. Andere nationale Kollisionsregeln liegen ebenfalls nicht vor. Die Frage wird auch in rechtsvergleichender Hinsicht von Staat zu Staat in unterschiedlicher Weise behandelt. In der Rechtswirklichkeit stehen im Wesentlichen als Gegenpole die Sitztheorie und die Gründungstheorie einander gegenüber, wobei auch Zwischenformen vertreten und angewendet werden. Die Gründungstheorie (Inkorporationstheorie) beruft als Gesellschaftsstatut diejenige Rechtsordnung, nach der die Gesellschafter die Gesellschaft errichtet haben. Den Gründern wird dadurch die Parteiautonomie gewährt, das anwendbare Recht nach ihrem Willen festzulegen. Es ist hierzu auf den in der Satzung der Gesellschaft vereinbarten Sitz bei Gründung der Gesellschaft abzustellen. Insoweit dürften sich regelmäßig Parallelen zur Handelsregistereintragung, soweit eine solche im jeweiligen Gründungsstaat vorgesehen ist, ergeben. Nach diesem Anknüpfungsgrundsatz richten sich die internationalen Gesellschaftsrechte etwa in den Staaten des Common Law (insbesondere in den USA und in England), der Schweiz und den Niederlanden. Die Gründungstheorie hat aber auch Anhänger in der deutschen Literatur. Herrschend und in der Rechtsprechung vertreten war in Deutschland dagegen die Sitztheorie, welcher häufig sogar gewohnheitsrechtlicher Charakter zugesprochen wurde. Ihr folgt man außerdem grundsätzlich z.B. in Österreich, Frankreich, Belgien, Luxemburg und Griechenland. Anknüpfungspunkt ist im Rahmen der Sitztheorie der objektiv zu bestimmende tatsächliche Sitz der Gesellschaft, auch als effektiver Verwaltungssitz der Gesellschaft bezeichnet. Auch heute wird im Inland im Grundsatz von Sitztheorie auszugehen sein. Allerdings wird diese grundsätzliche Anwendung der Sitztheorie zur Bestimmung des Gesellschaftsstatutes in mehrfacher Hinsicht zu durchbrechen sein. Hintergrund ist die mittlerweile gefestigte und ausdifferenzierte Rechtsprechung des EuGH zum Zuzug und Wegzug von Gesellschaften innerhalb der EU (sog. Binnen-Mobilität). Der EuGH geht auf der Grundlage des europäischen Primärrechts wegen der Grundsätze der Niederlassungsfreiheit und der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 54, 59 AEUV) davon aus, dass eine innerhalb der EU wirksam gegründete Gesellschaft von den Gerichten und Behörden der Mitgliedstaaten in ihrer jeweiligen Rechtsform anerkannt werden muss. Faktisch bedeutet das die Anwendung der Gründungstheorie im Hinblick auf den Zuzug von ausländischen EU-Gesellschaften in den Rechtsraum der Bundesrepublik Deutschland. Wird demnach eine Gesellschaft in einem Mitgliedstaat der EU als rechts- und geschäftsfähige Kapitalgesellschaft (juristische Person) wirksam gegründet, muss das inländische Recht diesen Zustand akzeptieren und den Rechtsträger insoweit als rechts- und parteifähig behandeln. Hinsichtlich des möglichen Wegzugs deutscher Rechtsträger wurden für deutsche GmbHs und AGs im Jahr 2008 die Vorschriften § 4a GmbHG und § 5 AktG neu gefasst. Hierbei wurde das zwingende Erfordernis eines inländischen Verwaltungssitzes fallen gelassen. Für Gesellschaften in der Rechtsform von GmbH und AG ist es daher möglich, den effektiven Verwaltungssitz im A...