aa) Vorrang des Einzelstatuts, Art. 3a Abs. 2 EGBGB
Rz. 209
Grundsätzlich bestimmt das Güterstatut als Gesamtstatut, ob und inwieweit ein bestimmter Gegenstand durch das Ehegüterrecht in seiner Zuordnung beeinflusst wird. Art. 3a Abs. 2 EGBGB gebietet den Vorrang des Einzelstatuts jedoch für solche Gegenstände, die sich nicht in dem Staat befinden, dessen Recht Güterrechtsstatut ist, wenn sie nach dem Recht desjenigen Staates, in dem sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen. Insoweit sind diese Sondervorschriften anzuwenden.
Rz. 210
Einigkeit besteht dabei darüber, dass Art. 3a Abs. 2 EGBGB solche materiell-rechtlichen Vorschriften meint, die von der allgemeinen Grundregel der Zuordnung zum Ehegut für spezielle Fälle aus politischen oder wirtschaftspolitischen Gründen abweichen, etwa im Falle von Fideikommissen, Lehen, Stiftungsgütern, Stammgütern und ähnlichen Sondervermögen, die politischen oder wirtschaftspolitischen Zwecken dienen und bestimmte Personen vor anderen begünstigen. In Deutschland gibt es allerdings keine Gegenstände, die in diesem Sinne güterrechtlich anders behandelt würden als andere Gegenstände der Eheleute, so dass deutsche Grundstücke hier nicht betroffen sind.
Rz. 211
Es ist umstritten, ob als besondere Vorschriften auch Kollisionsnormen anzusehen sind, die eine Vermögensspaltung vorsehen. Die h.M., die dies bejaht, spielt allerdings wiederum nur für ausländische Grundstücke eine Rolle.
bb) Objektive Anknüpfung nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F.
Rz. 212
Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F. strebt durch die Verweisung auf Art. 14 EGBGB den Gleichlauf mit dem allgemeinen Ehewirkungsstatut im Interesse einer möglichst einheitlichen Anknüpfung aller Rechtsbeziehungen zwischen den Ehegatten und im Verhältnis zu ihren Kindern (Familienstatut) an. Indes durchbricht diese Norm den Gleichlauf sogleich auch wieder, indem sie die Unwandelbarkeit des objektiven Ehegüterstatuts bezogen auf den Zeitpunkt der Eheschließung als Ausgangspunkt festschreibt. Damit soll das Kontinuitätsinteresse der Ehegatten wie auch des Rechtsverkehrs gewahrt bleiben.
Rz. 213
Die Verweisung auf Art. 14 EGBGB bewirkt, dass es in erster Linie auf ein gemeinsames Heimatrecht der Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung ankommt (Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 EGBGB). Bei Mehrstaatern und Staatenlosen sind die zu Art. 5 EGBGB geltenden Grundsätze heranzuziehen. Da Art. 15 Abs. 1 EGBGB auf den Zeitpunkt der Eheschließung abstellt, kann die vergangenheitsbezogene 2. Alternative des Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB keine Rolle spielen, denn sie bezieht sich auf Gemeinsamkeiten "während der Ehe". Angesichts des Wortlautes des Art. 15 Abs. 1 EGBGB ist es evident, dass eine erst nach der Eheschließung erworbene Staatsangehörigkeit im Zusammenhang mit Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB ohne Bedeutung ist, selbst wenn bereits bei der Eheschließung die Absicht eines entsprechenden Staatsangehörigkeitserwerbs bestand. Richtigerweise ist auch ein Staatsangehörigkeitserwerb durch die Heirat selbst nicht zu berücksichtigen.
Rz. 214
Liegt, auch unter Beachtung des Art. 5 EGBGB, keine gemeinsame Staatsangehörigkeit der Eheleute bei Eheschließung vor, so kommt es gem. der Verweisung auf Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 EGBGB auf den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Zeitpunkt an. Dabei ist wiederum unbestritten, dass auch insoweit die vergangenheitsbezogene Variante des Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 EGBGB keine Rolle spielen kann. Unter gewöhnlichem Aufenthalt versteht man dabei den faktischen Wohnsitz, d.h. den räumlichen Bereich, wo eine Person tatsächlich ihren Lebensmittelpunkt hat. Einem bei Heirat noch nicht bestehenden gemeinsamen Aufenthalt kann nicht durch Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB, sondern nur durch Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB zum Durchbruch verholfen werden.
Rz. 215
Führen weder die Nr. 1 noch die Nr. 2 des Art. 14 Abs. 1 EGBGB zum Ziel, so kommt es gem. dem Auffangtatbestand Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB auf eine sonstige gemeinsame engste Verbindung der Ehegatten an. Auch hier bedingt der in Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F. niedergelegte Grundsatz der Unwandelbarkeit Modifikationen dahingehend, dass diese gemeinsame engste Verbindung gerade bei der Eheschließung vorhanden sein muss. Bedeutsam sind hier vor allem zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende gemeinsame Zukunftspläne, die sich auf die in Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EGBGB niedergelegten Anknüpfungspunkte beziehen, also die bereits bei der Heirat bestehende Absicht, später eine gemeinsame Staatsangehörigkeit oder einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt zu erwerben. Führen solche geme...