Rz. 385
In der Literatur dringt die Meinung vor, die einen grundsätzlichen Ausschluss ausländischer Erbbescheinigungen aus dem Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 GBO ablehnt.[1155]
Rz. 386
Voraussetzung für die Berücksichtigung solcher Urkunden soll zunächst die Einhaltung der Anerkennungserfordernisse des § 109 FamFG sein. Die Erteilung einer Bescheinigung über die Erbfolge seitens eines ausländischen Gerichts oder einer Behörde, wohl auch eines Notars,[1156] kommt im Sinne des § 108 FamFG als ein ausländischer Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Betracht.[1157] Einer Anerkennung steht nicht entgegen, dass dem ausländischen Erbnachweis ein anderes Erbrecht zugrunde gelegt wurde als das deutsche Nachlassgericht angewendet hätte, denn das deutsche Nachlassgericht kann nach der Rechtsprechung[1158] jederzeit einen Erbschein erteilen und ist dabei an die ausländische Erbbescheinigung nicht gebunden.[1159]
Rz. 387
Die Einhaltung der Anerkennungsvoraussetzungen des § 109 FamFG reicht jedoch auch nach der Mindermeinung nicht aus, um ausländische Erbnachweise i.R.d. § 35 Abs. 1 GBO einem deutschen Erbschein gleichzustellen. Es müssen insoweit die Kriterien der Substitution hinzukommen, d.h., dem fremden Zeugnis muss im Ausstellungsstaat Legitimationswirkung bzw. öffentlicher Glaube ähnlich einem deutschen Erbschein zukommen und die Ausstellungsbehörde muss im Hinblick auf Qualifikation und Verfahrensweise inländischen Nachlassgerichten entsprechen.[1160] Daher scheidet auch nach dieser von Teilen der Literatur vertretenen Ansicht die Anerkennung ausländischer Erbnachweise in den allermeisten Fällen wegen Fehlens dieser Substitutionsvoraussetzungen aus.[1161] Das gilt etwa für Erbbescheinigungen aus Dänemark, den Niederlanden und der Schweiz.[1162] Dagegen sollen polnische Bestätigungen über den Erbschaftserwerb einen deutschen Erbschein ersetzen können.[1163] Französische "actes de notoriété" sollen das nicht können, wohl aber die nach den Rechten der Departements Haut-Rhin, Bas-Rhin und Moselle (früheres Elsass-Lothringen) möglichen "certificats d’heritier".[1164] Ähnlich soll es in Italien sein, wo in den ehemals österreichischen Provinzen Südtirol und Venetien ein "certificato di eredità" erteilt wird.[1165]
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