Rz. 220

Durch die Zulassung einer parteiautonomen Festlegung des Güterstatuts soll den Eheleuten unter bewusster Durchbrechung des Unwandelbarkeitsgrundsatzes die Möglichkeit gegeben werden, das anwendbare Güterrecht an veränderte Lebens- bzw. Vermögensverhältnisse anzupassen. Demgemäß ist eine freie Rechtswahl nicht gestattet, sondern es werden nur bestimmte Rechtsordnungen zur Auswahl gestellt, wenngleich darüber hinaus keine weiteren Voraussetzungen für die Rechtswahl erforderlich sind und die Parteiautonomie erheblich weiter geht als die in Art. 14 Abs. 2 und 3 EGBGB gewährte. Dabei ist es auch unerheblich, wie die gewählte oder abgewählte ausländische Rechtsordnung sowie das Statut der allgemeinen Ehewirkungen zur Rechtswahl des Güterstatuts stehen.[708]

 

Rz. 221

Art. 15 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB a.F. gibt den Eheleuten die Möglichkeit, das Heimatrecht eines von ihnen zum Ehegüterstatut zu wählen. Bei Mehrstaatern steht jedes der Heimatrechte für diese Parteiautonomie zur Auswahl.[709]

 

Rz. 222

Gleichrangig neben einem Heimatrecht steht den Ehegatten gem. Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB a.F. das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes eines von ihnen zur Auswahl. Dies gilt auch dann, wenn sie dieselbe Staatsangehörigkeit haben.[710]

 

Rz. 223

Mit der durch Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB a.F. eröffneten Möglichkeit, für unbewegliches Vermögen das Recht der jeweiligen Lex rei sitae zu wählen, wird es den Eheleuten an die Hand gegeben, auch eine gegenständlich beschränkte Rechtswahl vorzunehmen. Sie führt zur Spaltung des Güterstatuts und ermöglicht im hier interessierenden Zusammenhang die Berufung deutschen Güterrechts für in Deutschland belegenes unbewegliches Vermögen. Dabei dürfte es keinem Zweifel unterliegen, dass es den Ehegatten offensteht, unbewegliche Vermögensgegenstände, die sich in verschiedenen Staaten befinden, auch entsprechend unterschiedlich zu behandeln.[711] Es steht ihnen frei, für im Staat A belegenen Grundbesitz das dortige Güterrecht zu wählen, für im Staat B belegenes unbewegliches Vermögen es dagegen bei der im Übrigen geltenden Güterrechtsordnung zu belassen. Eine ganz andere, sehr umstrittene Frage ist es, ob auch innerhalb des in einem bestimmten Staat belegenen unbeweglichen Vermögens differenziert und die Wahl der Lex rei sitae entsprechend gegenständlich auf einzelne oder mehrere Gegenstände des Immobiliarvermögens in diesen Staat beschränkt werden kann. Richtigerweise wird man eine solche partielle Rechtswahl erlauben.[712] Der Begriff des "unbeweglichen Vermögens" ist nach deutschem Recht auszufüllen, und zwar für kollisionsrechtliche Zwecke eigenständig.[713] Zum unbeweglichen Vermögen gehören insbesondere Grundstücke, Gebäude und sonstige wesentliche Bestandteile, Zubehör,[714] grundstücksgleiche Rechte wie Erbbaurecht, Wohnungseigentum, Teileigentum, Bergwerkseigentum, Fischereirechte nach Landesrecht, Rechte, die mit dem Eigentum am Grundstück verbunden sind (vgl. § 96 BGB), dingliche Rechte am Grundbesitz, auch Grundpfandrechte.[715] Nicht zum unbeweglichen Vermögen gehören etwa schuldrechtliche Ansprüche auf Übertragung unbeweglichen Vermögens, auch wenn die Ansprüche vormerkungsgesichert sind,[716] auf unbewegliches Vermögen bezogene Miet- und Pachtforderungen,[717] Anteile an Gesamthandsgemeinschaften wie Erbengemeinschaft und Personengesellschaft, auch wenn ihr Vermögen ausschließlich aus Grundbesitz besteht.[718]

 

Rz. 224

Es ist zu beachten, dass dann, wenn das von Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F. berufene ausländische objektive Güterstatut eine Rechtswahl zulässt, auch davon Gebrauch gemacht werden kann. Natürlich handelt es sich dann nicht um eine Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB a.F., sondern um eine solche aufgrund des ausländischen IPR, welcher über die Beachtlichkeit des "renvoi" auch aus unserer Sicht Anerkennung zukommt.[719]

[708] Staudinger/Mankowski, BGB, Art. 15 EGBGB Rn 127.
[709] Sehr str.; wie hier: Mansel, Personalstatut, Staatsangehörigkeit und Effektivität, 1988, Rn 412; Soergel/Schurig, BGB, Art. 15 Rn 18; Siehr, in: FS Geimer, 2002, S. 1097, 1110; Bamberger/Roth/Mörsdorf-Schulte, Art. 15 Rn 65; a.A. ausf.: Staudinger/Mankowski, BGB, Art. 15 EGBGB Rn 133 ff.
[710] Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn 156; Wegmann, NJW 1987, 1740, 1742.
[711] Kühne, IPRax 1987, 69, 73; Staudinger/Mankowski, BGB, Art. 15 EGBGB Rn 217.
[712] LG Mainz NJW-RR 1994, 73, 74; Soergel/Schurig, BGB, Art. 15 Rn 21; Bamberger/Roth/Mörsdorf-Schulte, Art. 15 Rn 68; a.A. Kühne, IPRax 1987, 69, 73; Langenfeld, BWNotZ 1986, 153.
[713] Böhringer, BWNotZ 1987, 104, 109; die Gegenmeinung will dagegen die Begriffsbildung dem Recht des Lageortes entnehmen, vgl. Soergel/Schurig, BGB, Art. 15 Rn 22; Kühne, IPRax 1987, 69, 73.
[714] A.A. Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn 162.
[715] A.A. Soergel/Schurig, BGB, Art. 15 Rn 22.
[716] A.A. Wegmann, NJW 1987, 1740, 1743; Lichtenberger, in: FS Ferid, 1988, S. 269, 285.
[717] A.A. Dörner, DNotZ 1988, 67, 96 (zu Art. 25 Abs. 2 EGBGB).
[718] Reithmann, DNotZ 1996, 227, 228.
[719] Mankowski/Ostha...

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