Rz. 51

Der Begriff "besondere Rechtsfähigkeit" umschreibt die Voraussetzungen, unter denen bestimmte einzelne Rechte und Pflichten erworben werden können.[211] Solche besonderen Rechtsfähigkeiten unterliegen nicht allein dem Gesellschaftsstatut; vielmehr ist auch das für den jeweiligen Vorgang maßgebliche Wirkungsstatut zu berücksichtigen.[212] Eine erhebliche Bedeutung hat diese Frage bei der Beteiligung ausländischer Gesellschaften an deutschen Personengesellschaften.[213]

 

Rz. 52

Nach der fremdenrechtlichen Norm des Art. 86 EGBGB besteht für die Bundesregierung die Möglichkeit, in bestimmten Fällen den Erwerb von Rechten durch ausländische juristische Personen zu beschränken und von der Erteilung einer Genehmigung abhängig zu machen.

 

Rz. 53

Während das Problem, ob eine ausländische Gesellschaft Vertragspartner eines Grundstücksgeschäftes sein kann, in erster Linie ein solches des Gesellschaftsstatuts ist, geht es bei der Grundbuchfähigkeit darum, ob die ausländische Gesellschaft als Berechtigte im Grundbuch eingetragen werden kann oder ob ihre einzelnen Mitglieder mit einem bestimmten Gemeinschaftszusatz (§ 47 GBO) im Grundbuch zu vermerken sind. Die Grundbuchfähigkeit bemisst sich nach der Rechtsfähigkeit.[214] Einer britischen "private limited company" etwa hatte man vor dem als Brexit bezeichneten Austritt des Vereinigten Königreiches Großbritannien und Nordirland Grundbuchfähigkeit zuerkannt.[215] Daran wird auf der Grundlage des nunmehr geltenden Handelsabkommens[216] mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland insbesondere dann festzuhalten sein, wenn die Gesellschaft nach dem 1.1.2021 im Ausland gegründet wurde und ihre materielle Geschäftstätigkeit ("substantive business operations") im Gründungsstaat ausübt. Für englische Gesellschaften, die zwar im Gründungsstaat registriert gewesen sind oder registriert werden, ihre tatsächliche operative Geschäftstätigkeit jedoch im Inland ausgeübt haben bzw. ausüben, gilt das Vorgesagte nur eingeschränkt, da sie nicht automatisch anerkannt werden. Sie sind vielmehr auf der Grundlage der Sitztheorie im Inland als nicht eingetragene GbR oder OHG zu behandeln, soweit sie mehrere Gesellschafter haben, andernfalls als einzelkaufmännisches Gewerbe.[217] Insoweit wird ihnen zwar auch Rechtsfähigkeit zuerkannt, aber verfahrensrechtlich in Bezug auf das Grundbuch müssen sie sich wie eine nicht im Handels-oder Gesellschaftsregister eingetragene Personengesellschaft behandeln lassen.

[211] MüKo-BGB/Kindler, IntGesR, Rn 570.
[212] Reithmann/Martiny/Hausmann, Internationales Vertragsrecht, Rn 5170; Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn 74.
[213] Vgl. dazu BayOLG NJW 1986, 3029, 3031; OLG Saarbrücken DNotZ 1990, 194 ff.; Bungert, AG 1995, 489, 503; Großfeld/Strotmann, IPRax 1990, 298; Kaligin, DB 1985, 1449, 1452.
[214] Hügel/Zeiser, Int. Bez., Rn 98.
[216] ABl 2020 L 444, 14.
[217] LG Berlin, Urt. v. 28.11.2022 – 101 O 57/22, juris.

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