1. Staatsverträge
Rz. 327
Staatsverträge spielen im Bereich von Immobiliarverträgen keine Rolle. Das Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11.4.1980 bezieht sich nur auf Waren (bewegliche Sachen aller Art). Das Römische EWG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19.6.1980 hatte für Deutschland keine unmittelbare Wirkung, ist jedoch inhaltlich weitgehend mit der Rom I-VO übereinstimmend.
2. Rechtswahl, Art. 3 Rom I-VO
a) Rechtswahlvereinbarung
Rz. 328
Art. 3 Rom I-VO geht für das internationale Schuldvertragsrecht vom Grundsatz der Rechtswahl aus. Die Rechtswahl ist ein eigener, kollisionsrechtlicher Vertrag, dessen Zustandekommen sich nach dem gewählten Recht beurteilt, Art. 3 Abs. 5 i.V.m. 10 Abs. 1 Rom I-VO. Für die einzuhaltende Form gilt dabei Art. 11 Rom I-VO, vgl. Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO.
Rz. 329
Die von Art. 3 Rom I-VO gewährte Parteiautonomie ist grundsätzlich frei, d.h. die Parteien können das anwendbare Recht ohne Beschränkungen festlegen. Auch bei Verträgen über Grundstücke sind die Beteiligten nicht etwa an das Recht des Landes gebunden, wo das Grundstück belegen ist. Deshalb kann für ein in Deutschland belegenes Grundstück ausländisches Recht und ein im Ausland belegenes Grundstück deutsches Recht gewählt werden. Auch ein reines Inlandsgeschäft kann einem ausländischen Recht unterstellt werden, Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO.
Rz. 330
Nach deutschem IPR unterliegt die Rechtswahl keinen besonderen Formanforderungen. Sie muss aber, wenn sie stillschweigend erfolgt, sich eindeutig aus den Bestimmungen des Vertrages oder den Umständen des Falles ergeben, Art. 3 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 Rom I-VO, und darf daher nicht vorschnell angenommen werden. Indizien in diese Richtung können z.B. Gerichtsstandsvereinbarungen sein oder die Inbezugnahme einer bestimmten Rechtsordnung, insbesondere durch Zugrundelegung von deren Vorschriften. Eine konkludente Rechtswahl hat die Rechtsprechung häufig angenommen, wenn zwischen deutschen Parteien mit inländischem Wohnsitz Verträge geschlossen wurden, auch wenn der betroffene Grundbesitz im Ausland belegen war.
Rz. 331
Eine (konkludente) Rechtswahl ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass nach der gewählten Rechtsordnung der Vertrag unwirksam ist, und zwar selbst dann, wenn die Parteien diese Unwirksamkeitsfolge kennen. Dies ist die konsequente Folge der Trennung von kollisionsrechtlicher Verweisungsvereinbarung und sachrechtlichem (Haupt-)Vertrag.
Nach Art. 3 Abs. 1 S. 3 Rom I-VO kann die Rechtswahl sich auch nur auf einen Teil des Vertrages beziehen, vorausgesetzt, der betroffene Teil weist eine gewisse Selbstständigkeit auf, d.h., er ist ohne widersprüchliche Ergebnisse abspaltbar.
Rz. 332
Die Rechtswahl richtet sich nur auf die Sachvorschriften des gewählten Rechts, Art. 20 Rom I-VO.
b) Grenzen der Rechtswahl
Rz. 333
Ist der Sachverhalt zum Zeitpunkt der Rechtswahl nur mit einem Staat verbunden, schließt dies zwar eine Rechtswahl nicht aus, nach Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO müssen die zwingenden Vorschriften des "abgewählten Rechts" aber vorrangig Geltung in Anspruch nehmen. Die vorausgesetzte fehlende Auslandsberührung liegt im hier interessierenden Bereich nicht vor, wenn entweder das Grundstück in einem anderen Staat belegen ist oder mindestens ein Beteiligter durch gewöhnlichen Aufenthalt oder Staatsangehörigkeit Bezug zu einem anderen Staat als dem, mit dem der Sachverhalt im Übrigen Beziehungen aufweist, hat. Dann ist der Sachverhalt von vornherein nicht nur mit einem Staat verbunden. Auch der Vertragsabschluss in einem anderen Staat stellt einen hinreichenden Auslandsbezug dar, um die Anwendbarkeit des Ar...