1. Erbschein, § 35 Abs. 1 GBO
a)H. M.: nur deutscher Erbschein
Rz. 383
Wenn § 35 Abs. 1 GBO zum Nachweis der Erbfolge einen Erbschein fordert, so ist nach Rechtsprechung und h.M. nur ein Erbschein eines deutschen Nachlassgerichtes (oder ein Europäisches Nachlasszeugnis, welches dem Erbschein gleichgestellt ist) genügend, es sei denn, eine staatsvertragliche Regelung geböte insoweit auch die Anerkennung eines ausländischen Erbzeugnisses. Die für den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Anerkennungsnormen der § 109 FamFG werden insoweit durch § 35 Abs. 1 S. 1 GBO als Sondervorschrift verdrängt. Das Grundbuchamt solle im Übrigen durch diese Regelung der Notwendigkeit enthoben werden, selbst die oftmals schwierige Prüfung der erbrechtlichen Verhältnisse vorzunehmen. Außerdem würden unter den Voraussetzungen des § 109 FamFG nur die verfahrensrechtlichen Wirkungen einer ausländischen Entscheidung auf das Inland erstreckt, nicht jedoch materiell-rechtliche Tatbestandswirkungen wie z.B. die Vermutung für die Rechtsinhaberschaft aus dem Erbschein.
Rz. 384
Der Hinweis der h.M. auf staatsvertragliche Regelungen läuft im Ergebnis im Immobilienbereich leer, da solche für Erbnachweise nicht zum Tragen kommen. Das folgt für die – zwar nicht staatsvertraglichen, sondern als EG-Verordnung vorrangig beachtlichen – Anerkennungsvorschriften der EuGVO schon daraus, dass diese in ihrem Art. 1 Abs. 2a das Erbrecht aus dem Anwendungsbereich herausnimmt. § 17 des deutsch-türkischen Nachlassabkommens vom 28.5.1929 bezieht sich nur auf beweglichen Nachlass. Im Übrigen erfassen insbesondere die bilateralen Staatsverträge Deutschlands mit Israel, Griechenland, Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz aus unterschiedlichen Gründen Erbbescheinigungen nicht. Besonders problematisch ist dies allerdings hinsichtlich des deutsch-österreichischen Staatsvertrages über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6.6.1959. Selbst wenn nach dem IPR beider Staaten dasselbe Erbrecht zur Anwendung gekommen ist, soll eine Berücksichtigung österreichischer Einantwortungsurkunden im deutschen Grundbuchverfahren aber daran scheitern, dass im österreichischen Verfahren nur der in Österreich belegene Grundbesitz abgehandelt wird, die Einantwortungsurkunden sich also von vornherein nicht auf deutschen Grundbesitz beziehen können. Schließlich wird darauf verwiesen, dass auch das Europäische Nachlasszeugnis und Art. 39 Abs. 1 EuErbVO dafür sprechen, dass ausländische Erbscheine gerade nicht automatisch anerkannt werden.
b) Mindermeinung: Substitution durch ausländische Erbbescheinigungen
Rz. 385
In der Literatur dringt die Meinung vor, die einen grundsätzlichen Ausschluss ausländischer Erbbescheinigungen au...