1. Grundstücksnutzung nach dem Recht der DDR
Rz. 1
Die Energieversorger der DDR hatten nach dem für sie geltenden Recht erheblich weitergehende Möglichkeiten, Grundstücke für ihre Zwecke zu nutzen als Unternehmen des bundesdeutschen Rechts. Dies war grundlegend in der Energieverordnung v. 1.6.1988 geregelt. Danach bestanden für die Unternehmen an den Grundstücken kraft Gesetzes Mitbenutzungsrechte. Die Unternehmen konnten Grundstücke für ihre Zwecke bebauen, mit Leitungen überspannen oder sonst nutzen. Der Grundstückseigentümer musste alle diese Einwirkungen dulden. Er hatte nach den Durchführungsbestimmungen zur Energieverordnung sogar für die Unversehrtheit der Leitungen zu sorgen und für Beschädigungen einzustehen. Der Grundstückseigentümer musste z.B. auch bei der Vornahme von Erdarbeiten das Grundstück auf vorhandene Leitungen untersuchen. Das Energiekombinat konnte das Grundstück zum Zwecke der Instandhaltung der Anlagen jederzeit betreten. Einen Anspruch auf Ausgleichsleistungen allein aufgrund des Bestehens der Anlagen hatte der Grundstückseigentümer aber nicht.
Die Rechte der Energieversorger waren damit weitgehend durch Verordnung gesichert, eine dingliche Sicherung am Grundstück war nicht erforderlich. Eine gemeinsame Anweisung des Ministeriums des Innern und des Ministeriums für Schwerindustrie v. 20.7.1955 bestimmte daher, dass eingetragene Dienstbarkeiten in den Grundbüchern als gegenstandslos zu löschen seien.
2. Regelungen des Überleitungsrechts
Rz. 2
Nach Anlage II Kap. V Sachg. D Abschn. III Nr. 1 des Einigungsvertrages gelten die Regelungen der Energieverordnung der DDR zur Grundstücksnutzung bis zum 31.12.2010 fort. Damit sollte auch im Bereich der umfangreichen Grundstücksnutzung den Unternehmen Zeit und Möglichkeit gegeben werden, diese Nutzung und ihre Strukturen umzustellen. Regelungen zu dem gesetzlichen Mitbenutzungsrecht der Energieversorgungskombinate im Bereich des Grundstücksrechts enthielt der Einigungsvertrag nicht. Insofern sollten die Versorgungsunternehmen darauf verwiesen sein, für ihre notwendige Grundstücksnutzung sich durch die Eigentümer jeweils beschränkte persönliche Dienstbarkeiten bestellen zu lassen. Angesichts von etwa drei Millionen betroffener Grundstücke in den neuen Bundesländern hätte das aber einen hohen Verwaltungsaufwand bedeutet. Die Bestellung von Dienstbarkeiten wäre auch dadurch erschwert, dass die Feststellung des Eigentums an Grundstücken in den neuen Bundesländern nicht immer einfach war und ist. Schließlich hätte die Bestellung von Dienstbarkeiten besonders bei landwirtschaftlichen Grundstücken erst eine Neuvermessung der Grundstücke entsprechend ihrer jetzt tatsächlichen Nutzung erfordert.
Rz. 3
Die Grundbuchlage war daher uneinheitlich. In den Grundbüchern der betroffenen Grundstücke stehen noch häufig Dienstbarkeiten für Energieversorger aus der Zeit vor 1945 für auch jetzt noch genutzte Leitungen und Anlagen. Für einzelne Hochspanungsleitungen sind an einigen Grundstücken noch alte Dienstbarkeiten aus der Zeit vor 1930 in den Grundbüchern eingetragen, an anderen wurden sie gelöscht. Wieder in anderen Fällen erfolgte die Nutzung ohne dingliche Sicherung. Die nach der Wiedervereinigung vorgefundene tatsächliche Rechtslage in Bezug auf die dingliche Absicherung der Grundstücksnutzung machte daher ebenso eine besondere gesetzliche Regelung notwendig.