I. Inhalt des Ersten Abschnitts der GBO
Rz. 1
Der erste Abschnitt der GBO enthält mit den §§ 1 bis 12d GBO allgemeine Verfahrensvorschriften verschiedenen Inhalts teilweise ohne inneren Zusammenhang zueinander. Er ist nicht zu verstehen als den besonderen Vorschriften vorangestellter allgemeiner Teil mit grundsätzlichen Regelungen, welche die gesamte GBO betreffen.
In § 1 GBO ist die sachliche und örtliche Zuständigkeit in Grundbuchsachen geregelt, daneben enthält er eine Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen. § 2 GBO enthält Regeln über die Einrichtung der Grundbuchbezirke, die Bezeichnung der Grundstücke und über die Abschreibung von Grundstücksteilen. § 3 GBO enthält grundsätzliche Ausführungen über die Buchungsform, die Buchungsfreiheit und über die ausnahmsweise Möglichkeit der selbstständigen Buchung ideeller Miteigentumsanteile. § 4 GBO regelt die Führung eines gemeinschaftlichen Grundbuchblattes für mehrere Grundstücke eines Eigentümers.
In den für die Rechtspraxis sehr wichtigen §§ 5, 6, 6a und 7 GBO wird die Vereinigung, die Bestandteilszuschreibung und die Teilung behandelt.
§ 8 GBO regelt die Anlegung des besonderen Grundbuchblattes für Erbbaurechte.
In § 9 GBO wird die Eintragung eines Vermerks über subjektiv-dingliche Rechte auf dem Blatt des herrschenden Grundstückes geregelt.
§ 10 GBO behandelt die mit der Aufbewahrung von dem Grundbuchamt eingereichten Urkunden zusammenhängenden Fragen; § 10a GBO lässt es zu, Grundakten auch auf Datenträgern aufzubewahren. In § 11 GBO werden Eintragungen, die von einem ausgeschlossenen Grundbuchbeamten bewirkt wurden, für wirksam erklärt. Im Zusammenhang damit sind in der Kommentierung alle anderen, auch mit der Ablehnung und Ausschließung zusammenhängenden Fragen erörtert.
In § 12 GBO ist das Recht zu Einsicht des Grundbuchs geregelt.
§§ 12a und 12b GBO betreffen vom Grundbuchamt zu führende Verzeichnisse und die "Einsicht in ausgelagerte Bücher und Akten".
§ 12c GBO regelt die Zuständigkeit des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle für besondere Eintragungen.
§ 12d GBO regelt schließlich die Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung (Verordnung (EU) 2016/679) im Grundbuchverfahren.
II. Inhalt der Vorschrift
1. Rechtsgeschichte
Rz. 2
§ 1 GBO wurde geändert durch das Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz (RegVBG) vom 20.12.1993, durch das Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs (ERVGBG) vom 11.8.2009 und durch das FGG-ReformG vom 17.12.2008. Der Vorbehalt betreffend die Grundbuchführung in Baden-Württemberg ist m.W.v. 1.1.2018 durch das Gesetz vom 5.12.2014 entfallen.
2. Geltungsbereich
Rz. 3
§ 1 GBO regelt die sachliche und örtliche Zuständigkeit im Grundbuchverfahren (Abs. 1 und 2). Er bestimmt zudem Grundsätze des Grundbuchverfahrens und mit den Verordnungsermächtigungen in Abs. 3 und 4 Grundsätze zur Grundbuchführung. Die funktionelle Zuständigkeit ist teilweise in § 12c GBO geregelt, wesentlich ergibt sie sich aus dem RPflG.
Das Grundbuchverfahren ist der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuzuordnen (§ 23a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 23a Abs. 2 Nr. 8 GVG). Subsidiär zur GBO sind Vorschriften des Allgemeinen Teils des FamFG anzuwenden (siehe § 2 Einl. Rdn 51). Das Grundbuchwesen ist nicht Teil der Rechtsprechung im engeren Sinne des Art. 92 GG, wohl aber Teil der Rechtspflege, die mit guten Gründen den unabhängigen Gerichten zugewiesen ist und nicht der öffentlichen Verwaltung. Zwar enthielt § 1 Abs. 1 GBO in seiner bei Inkrafttreten geltenden Fassung nicht den Hinweis auf die Amtsgerichte, wohl aber die Zuordnung an die Organisation der Landesjustizverwaltungen. Es war daher seit Inkrafttreten der GBO anerkannt, dass das Grundbuchverfahren der Justiz zugewiesen ist und nicht der öffentlichen Verwaltung.
Rz. 4
Die Zuständigkeitsvorschriften des § 1 GBO gelten für das gesamte Grundbuchverfahren erster Instanz. Dazu gehören die Entscheidung über Eintragungsanträge, die Vornahme von Eintragungen und die Erteilung von Briefen, die Aufbewahrung von Urkunden und die Führung der Grundakten sowie die Entscheidung über die Grundbucheinsicht. Auch bei der Entscheidung über die Eintragung einer Zwangshypothek (§ 866 Abs. 1 ZPO) oder der Eintragung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs sowie einer Arresthypothek im Wege der Vollziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung handelt es sich um ein Grundbuchverfahren, für das aber auch die Vorschriften der ZPO über die Zwangsvollstreckung zu beachten sind.
Die Zuständigkeit des § 1 GBO gilt für die besonderen Verfahren des Grundbuchrechts, insbesondere das Zwangsberichtigungsverfahren oder das Amtslöschungsverfahren § 53 Abs. 1 S. 2 GBO und das höchst selten anzutreffende Rangklarstellungsverfahren (§§ 90 ff. GBO).
Die Zuständigkeit der Grundbuchämter ist zumindest theoretisch ferner gegeben, soweit sachlich-rechtliche Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt abzugeben sind. Das sind bspw. die Fälle der §§ 875 Abs. 1, 876, 880 Abs. 2 S. 3, 928 Abs. 1, 1168 Abs. 2, 1183, 1196 Abs. 2 BGB