I. Grundsatz
Rz. 8
Aufzubewahren sind grundsätzlich alle genannten Urkunden von Amts wegen, sofern die betroffene Eintragung vorgenommen worden ist (siehe Rdn 5).
II. Vor Antragstellung
Rz. 9
Ist ein Eintragungsantrag noch nicht gestellt, so besteht keine Aufbewahrungspflicht. Das Entstehen einer Aufbewahrungspflicht setzt jedenfalls den Beginn eines Eintragungsverfahrens voraus; außerhalb eines Eintragungsverfahrens besteht – abgesehen von § 70 Abs. 4 LandwAnpG (siehe Rdn 1) – keine Pflicht des Grundbuchamts, Schriftstücke irgendwelcher Art zu den Grundakten zu nehmen.
Das Grundbuchamt ist bspw. nicht verpflichtet, Nachweise über eine außerhalb des GB erfolgte Übertragung eines Briefgrundpfandrechts nur zur Kenntnis bei den Akten aufzubewahren. Auch ist es nicht verpflichtet, Vollmachtsurkunden oder Widerrufserklärungen im Hinblick auf künftige, aber nicht näher definierte, Anträge aufzubewahren.
Ist mit der Stellung des konkreten Antrages in absehbarer Zeit zu rechnen, so kann es sich empfehlen, die Urkunden bis zu dessen Eingang zu verwahren. Es besteht im Übrigen ein Ermessen des Grundbuchamts, Urkunden, die für künftige Eintragungsanträge bedeutsam sind, anzunehmen und aufzubewahren. Hier wird empfohlen, den Einreichenden auf das Erfordernis künftiger Antragstellung hinzuweisen und eine Frist zu setzen, nach deren fruchtlosem Ablauf die Urkunden zurückgegeben werden. Bewahrt das Grundbuchamt gleichsam prophylaktisch Urkunden auf, die für ein konkretes Verfahren nicht erforderlich sind, kann dies bei späteren Eintragungsverfahren und möglichen Fehlern einer Eintragung auch zur Haftungsgefahren führen. Bewahrt etwa das Grundbuchamt ohne besonderen Anlass einen Vollmachtswiderruf auf, nimmt des in einem späteren Verfahren aber auf Bewilligung des Bevollmächtigten ohne Beachtung des bereits vorliegenden – aber irgendwo in der Akte untergegangenen – Widerrufs die Eintragung doch vor, wird zu fragen sein, ob der aktenkundige Widerruf nicht hätte beachtet werden müssen. Hätte dagegen das Grundbuchamt die Widerrufserklärung, die ohne Bezug auf ein konkretes Eintragungsverfahren eingereicht wurde, zurückgegeben, wäre dies alles zu Recht Sache der Beteiligten.
III. Rückgabe während des Eintragungsverfahrens
Rz. 10
Der Bewilligende kann bis zur Vollendung der Eintragung jederzeit seine Eintragungsbewilligung zurücknehmen, bzw. der Einreicher die Urkunde zurückverlangen. Dies wird – soweit das Bestehen eines bürgerrechtlichen Verwahrungsvertrages angenommen wird (siehe oben Rdn 2) – unmittelbar aus § 695 BGB begründet, soweit sie ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis bejaht wird, mit gleichem Ergebnis aus einer analogen Anwendung dieser Vorschrift. Nach den vom RG entwickelten Grundsätzen einer öffentlich-rechtlichen Verwahrung hat sich jedoch das Rücknahmerecht des Einreichers den öffentlichen Interessen an einer ordnungsgemäßen Erledigung des Eintragungsverfahrens unterzuordnen. Das Grundbuchamt darf deshalb die Bewilligung während des Eintragungsverfahrens nicht an den Einreicher zurückgeben, weil sie dadurch unwirksam würde und nicht mehr als Grundlage der Eintragung dienen könnte. Vor dem Beginn und nach dem Ende des Eintragungsverfahrens jedoch ist eine Zurücknahme möglich, der Begünstigte kann sich durch Stellung eines eigenen Antrages dagegen schützen.
IV. Zurückweisung des Antrags oder nach Antragsrücknahme
Rz. 11
Im Falle der Zurückweisung eines Antrages oder nach wirksamer Antragsrücknahme wird unbeschadet der Erinnerungs- oder Beschwerdemöglichkeit die Eintragungsunterlage ohne Zurückbehaltung einer beglaubigten Abschrift an den Einreicher zurückgegeben.
Legt von mehreren Antragstellern derjenige, der nicht im Besitz der Bewilligung ist, gegen die Zurückweisung Erinnerung (Beschwerde) ein, so läuft er Gefahr, dass sein Rechtsbehelf aus formellen Gründen zurückgewiesen werden muss, wenn es ihm nicht gelingt, die Bewilligung wieder beizubringen. Richtigerweise muss sich jedoch auch in diesem Fall das Rücknahmerecht dem öffentlichen Interesse an einer sachlich richtigen Beschwerdeentscheidung unterordnen. In einem solchen Falle sind deshalb die Urkunden zu verwahren, falls ein Rechtsmittel bereits angekündigt oder erhoben ist; andernfalls muss – soll das Wiederaufleben des Antrages (vgl. § 74 GBO Rdn 9 ff.) für den Rechtsmittelführer einen Sinn haben – die Wiedervorlage der Bewilligung vom Beschwerdegericht mit Beugemitteln (§ 35 FamFG) erzwingbar sein.