I. Rechtsgeschichte
Rz. 1
Die Vorschrift regelt die Voraussetzungen der Einsichtsgewährung in das Grundbuch. Mit der Führung der Verzeichnisse nach § 12a GBO und spätestens seit Einführung des maschinell geführten Grundbuchs hat die Grundbucheinsicht mit der Möglichkeit umfangreicher Recherchen große Bedeutung erlangt. Die Grundbucheinsicht steht seit jeher im Spannungsfeld zwischen Publizität und Schutz personenbezogener Daten. Mit Blick auf ausländische Rechtsvorschriften, die eine unbeschränkte Einsicht in das Grundbuch kennen, wird dabei auch das Erfordernis der Darlegung des berechtigten Interesses als Schranke zur Einsichtsgewährung immer wieder kritisch diskutiert.
Die Grundbucheinsicht wird flankierend geregelt in §§ 45, 46, 46a GBV (letzterer parallel zu Abs. 4 eingefügt). Die Einsicht in das maschinell geführte Grundbuch regeln die §§ 131–133 sowie §§ 77–84 und 99 GBV. Durch den mit Wirkung zum 1.9.2013 eingefügten § 133a GBO kann die Mitteilung des Grundbuchinhalts unter Wahrung des § 12 GBO auch durch einen Notar erfolgen. Für die Einsicht in die Grundakten gilt, soweit nicht Abs. 1 S. 2 eingreift, § 46 GBV i.V.m. § 142; für die Verzeichnisse des Grundbuchamts (siehe § 12a GBO Rdn 1 ff.); für Grundbücher, die nicht beim Grundbuchamt verwahrt werden, gilt § 12b GBO.
Abs. 3 wurde geändert durch Gesetz v. 19.4.2006 (BGBl I 2006, 866); Abs. 4 wurde angefügt m.W.v. 1.10.2014 durch DaBaGG v. 1.10.2013 (BGBl I 2013, 3719).
II. Materielle und formelle Publizität des Grundbuchs
Rz. 2
Der materielle Publizitätsgrundsatz mit seinen Vermutungs- und Gutglaubensschutzwirkungen (§§ 891, 892, 893 BGB) setzt voraus, dass das Grundbuch in weitgehendem Maße der Einsicht durch die am Rechtsverkehr Teilnehmenden unterliegt. Die materiell-rechtliche Zurechnung des Buchinhaltes ist nur gerechtfertigt, wenn das Verfahrensrecht die Möglichkeit einräumt, das Grundbuch einzusehen und sich dadurch Gewissheit über die den materiellen Rechtsvorgang beeinflussenden Eintragungen zu verschaffen (formelles Publizitätsprinzip). Andererseits darf aber nicht verkannt werden, dass durch die Einsicht Dritter der Grundstückseigentümer nicht unbeträchtlich betroffen werden kann. Insbesondere durch das mit dem Recht auf Bucheinsicht korrespondierende Recht auf Akteneinsicht (vgl. § 46 GBV Rdn 2) und auf Einsicht in nicht erledigte Eintragungsanträge können Kenntnisse über schuldrechtliche Vereinbarungen aller Art, über Zahlungsverpflichtungen und deren Modalitäten erlangt werden. Eine auf den Schutz der Individualsphäre des einzelnen bedachte Rechtspraxis wird daher dafür zu sorgen haben, dass eine zu großzügige Interpretation des § 12 auf eine sachgerechte Abwägung der oft widerstreitenden Interessen zurückzuführen ist. Wesentlich für eine Bewältigung des Wertungsproblems ist die klare Erkenntnis, dass das Grundbuch keine allgemeine Auskunfts- u. Informationseinrichtung für Personen mit noch so berechtigten Interessen an bestimmten Fragen ist. Der Zusammenhang mit der materiellen Publizität macht deutlich: Nur wer in Bezug auf das im Buch Verlautbarte rechtlich(!) zu handeln beabsichtigt, bedarf der Einsicht und hat ein Recht auf sie. Jedes andere, noch so ehrenwerte und anerkennenswerte Interesse (insbes. journalistische Recherchen) ist hier nachrangig; eine nahezu grenzenlos nachgiebige Rspr. verkennt häufig den Sinn und Zweck der Norm. Gleichwohl werden durch die Rechtsprechung Gründe anerkannt, die ein Einsichtsrecht in das Grundbuch im öffentlichen Interesse rechtfertigen (eingehend "Presse" vgl. Rdn 3, 9).
III. Datenschutz und öffentliches Interesse
Rz. 3
§ 12 GBO geht den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes als lex specialis vor. Sie regelt die Voraussetzungen der Einsichtsgewährung autonom, datenschutzrechtliche Bestimmung müssen auch nicht zur Definition des Begriffs des berechtigten Interesses herangezogen werden. Die Vorschrift ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dennoch und gerade deshalb muss § 12 GBO aber unter Berücksichtigung des verfassungsmäßig garantierten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ausgelegt und angewendet werden. Auch müssen die Anforderungen der sog. Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beachtet werden, die als EU-Verordnung unmittelbar geltendes Recht ist (Verordnung (EU) 2016/679 vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG; ABl L 119/1 vom 4.5.2016) und seit 25.5.2018 verbindlic...