Gesetzestext
Als Eigentümer ist in das Grundbuch einzutragen:
1. |
der ermittelte Eigentümer; |
2. |
sonst der Eigenbesitzer, dessen Eigentum dem Grundbuchamt glaubhaft gemacht ist; |
3. |
sonst derjenige, dessen Eigentum nach Lage der Sache dem Grundbuchamt am wahrscheinlichsten erscheint. |
A. Grundsatz
Rz. 1
Die Norm ist zentral für das Anlegungsverfahren als zwingend positiv zu beendendes Verfahren. Sie stellt den Grundsatz auf, dass das Grundbuchamt auf jeden Fall einen Eigentümer einzutragen hat, wenn es das Verfahren in Gang gesetzt hat. Das Anlegungsverfahren darf niemals mit einem "non liquet", also ohne Feststellung des Eigentums enden. § 123 GBO ist insbesondere für den Fall von Bedeutung, dass kein eindeutiges Ermittlungsergebnis vorliegt. Sie verdeutlicht ferner, dass die Ermittlungen des Grundbuchamts mit der Feststellung und Eintragung des Eigentümers nicht in materielle Rechtskraft erwachsen. Die Eintragung genießt selbstverständlichen öffentlichen Glauben nach §§ 891, 892 BGB. Wenn ein Dritter behauptet, an Stelle des Eingetragenen der wahre Eigentümer zu sein, kann er diesen nach § 894 BGB auf Abgabe einer Berichtigungsbewilligung verklagen.
B. Entscheidungskriterien
Rz. 2
Das Grundbuchamt muss nach den allgemeinen Grundsätzen der freiwilligen Gerichtsbarkeit selbst über das Eigentum entscheiden und darf sich dieser Pflicht nicht entziehen. Eine andere Frage ist es, ob nicht die Befugnis besteht, das Anlegungsverfahren mit Rücksicht auf einen schwebenden Rechtsstreit über das Eigentum auszusetzen. Hier wird eine Analogie zum Erbscheinsverfahren zu ziehen sein; denn auch dieses Verfahren führt zu einer mit öffentlichem Glauben ausgestatteten Schlussentscheidung. Man wird daher die für das Erbscheinsverfahren entwickelten Grundsätze über die Aussetzung auch im Anlegungsverfahren anwenden können und dem Grundbuchamt die Befugnis geben müssen, in geeigneten Fällen das Verfahren bis zur Entscheidung eines bereits schwebenden Eigentumsprozesses auszusetzen.
Rz. 3
Im Anlegungsverfahren muss die vom Grundbuchamt aufgrund pflichtgemäßer Prüfung gewonnene Überzeugung über das Vorliegen der Voraussetzungen der Anlegung und über das Eigentum ihren Ausdruck in der Grundbuchanlegung finden.
C. Eintragung des Eigentümers
Rz. 4
Ist das Grundbuchamt in freier Würdigung der erhobenen Beweise und ggf. der glaubhaft gemachten Anmeldungen zur festen Überzeugung gelangt, dass eine bestimmte Person Eigentümer ist, so hat es diese als Eigentümer einzutragen (§ 123 Nr. 1 GBO).
Rz. 5
Ist das Beweisergebnis nicht eindeutig, so hat das Grundbuchamt denjenigen als Eigentümer einzutragen, der dem Eigentum am nächsten steht, d.h., den Eigenbesitzer (§ 872 BGB), dessen Eigentum dem Grundbuchamt glaubhaft gemacht ist (§ 123 Nr. 2 GBO). Der Eigenbesitz muss nachgewiesen sein, das Eigentum muss glaubhaft sein. Die Glaubhaftmachung hat gem. § 31 FamFG bzw. § 294 ZPO zu erfolgen, z.B. durch Zeugenaussagen, behördliche Bescheinigungen, eidesstattliche Versicherungen.
Rz. 6
Konnte das Grundbuchamt keinen Eigentümer ermitteln (§ 123 Nr. 1 GBO) und ist ihm auch das Eigentum eines Eigenbesitzers nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Nr. 2 GBO) hat es denjenigen einzutragen, dessen Eigentum ihm nach Lage der Sache unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände am wahrscheinlichsten erscheint (§ 123 Nr. 3 GBO). Das Grundbuchamt muss damit stets zur Eigentumsfrage eine Entscheidung treffen. Völlig unzulässig ist es daher, in das Grundbuch etwa einzutragen: "unbekannter Eigentümer" (dazu auch § 15 GBV Rdn 3).
Rz. 7
Die Eintragung als Eigentümer in Anlegungsverfahren hat keine materiell-rechtliche Wirkung (s. Rdn 1). Einem materiell Berechtigten ist es überlassen, sein Eigentumsrecht im Prozesswege gegen den im Anlegungsverfahren eingetragenen Eigentümer durchzusetzen, insbesondere auch die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Eigentümer nach § 899 BGB zu erwirken. Im Anlegungsverfahren selbst kann ein Widerspruch nur im Rahmen des § 53 Abs. 1 S. 2 GBO (bzw. gem. § 125 GBO) eingetragen werden. Dabei muss aber das Grundbuchamt eine Gesetzesverletzung im Anlegungsverfahren begangen haben.