Rz. 75
Vorliegen müssen und von Amts wegen zu prüfen sind ein Rechtsschutzbedürfnis, die Antragsberechtigung und die Befugnis, die Berechtigung auszuüben.
I. Begriff
Rz. 76
Das Rechtsschutzbedürfnis ist mit Vorliegen der Antragsberechtigung grundsätzlich immer gegeben. Hat aber der Antragsteller kein schutzwürdiges Interesse an der beantragten Eintragung, so fehlt auch die Antragsberechtigung. Unter Antragsberechtigung ist das Recht zu verstehen, ein Eintragungsverfahren nach dem zweiten Abschnitt der Grundbuchordnung in Gang zu bringen. Es handelt sich um ein rein prozessuales Recht, das sich aus der unmittelbaren Nähe der Beteiligten zu der beantragten Eintragung ergibt. Nur wirtschaftliche Vor- oder Nachteile begründen keine Antragsberechtigung, ebenso wenig nur rechtliche oder berechtigte Interessen oder private Verpflichtungen. Es fließt damit auf der Seite des Betroffenen aus dessen allgemeiner Verfügungsbefugnis über das vorhandene Recht, auf der Seite des Begünstigten aus dem sachenrechtlichen Erfordernis der Eintragung für Erwerb (§ 873 BGB) und Beibehaltung (§ 892 BGB) des dinglichen Rechts. Stets muss beachtet werden, dass es sich trotzdem um eine rein verfahrensrechtliche Berechtigung handelt.
Rz. 77
Sie kann weder ausgeschlossen, noch eingeschränkt, noch erweitert oder auf Dritte als Recht übertragen werden. Der Verwalter, dessen Zustimmung gem. § 12 WEG zur Veräußerung erforderlich ist, kann daher nicht die Auflassung beantragen. Mittelbar Beteiligte sind nur aufgrund besonderer Vorschrift antragsberechtigt (§ 9 Abs. 1 S. 2 und § 14 sowie § 8 Abs. 2 GBMaßnG). Die Beteiligten können sich zwar gegenseitig schuldrechtlich verpflichten, aber kein abweichendes Verfahrensrecht schaffen. Möglich sind dagegen die Übertragung der Ausübung ohne Ausschluss des Berechtigten sowie die Erteilung von Vollmachten.
Ein Verzicht des Antragsberechtigten auf Ausübung in eigener Person ist auch nicht in der Weise möglich, dass nur der Notar für ihn einen wirksamen Antrag stellen kann.
Die Antragsberechtigung muss nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden.
II. Grundsätze
Rz. 78
1. Antragsberechtigt ist nur der unmittelbar Beteiligte als "Betroffener" (Passivbeteiligter, verlierender Teil), dessen Rechtsstellung durch die Eintragung einen Verlust erleidet, oder als "Begünstigter" (Aktivbeteiligter, gewinnender Teil), dessen Rechtsstellung einen Gewinn erfährt. Jeder von ihnen ist antragsberechtigt. Sind auf einer Seite mehrere Mitberechtigte vorhanden, so ist jeder von ihnen antragsberechtigt.
Rz. 79
2. Beide Begriffe sind nicht im wirtschaftlichen, sondern im abstrakt-rechtlichen Begriff zu verstehen. Beispielsweise ist der Veräußerer eines Grundstücks der "Betroffene", auch wenn die Veräußerung wirtschaftlich für ihn sehr vorteilhaft ist. Ein großes wirtschaftliches oder berechtigtes Interesse genügt nicht. Ein Eigentümer, auf dessen Grundstück eine Gesamthypothek in der Zwangsversteigerung bestehen bleibt, kann deshalb nicht die Löschung der Hypothek auf anderen, ihm nicht gehörenden Grundstücken beantragen. Ebenso wenig genügt die schuldrechtliche Verpflichtung zur Rechtsänderung oder ein wirtschaftlicher Vor- oder Nachteil.
Lässt sich abstrakt nicht entscheiden, wer betroffen oder begünstigt ist, z.B. bei Umwandlung einer Hypothek in eine Grundschuld, so sind beide Teile als betroffen anzusehen.
Rz. 80
3. Die Beteiligung muss unmittelbar sein.
a) Für den Aktivbeteiligten ergibt sich dies bereits aus dem Wortlaut, der darauf abstellt, zu wessen Gunsten "die Eintragung erfolgen soll". Diese Frage lässt sich, wenn man nicht ins Uferlose geraten will, nur aus dem Inhalt der beantragten Eintragung beantworten. Die der Eintragung innewohnende Zweckbestimmung kann allein maßgebend sein; diese deutet auf denjenigen, der durch sie unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt. Dem aus einer Auflassungsvormerkung Berechtigten steht daher für ein im Rang vorgehendes Grundpfandrecht kein eigenes Antragsrecht bezüglich der Löschung zu, selbst wenn die Auflassung schon erklärt wäre. Diese Auslegung wird bestätigt durch einen Gegenschluss aus §§ 9 Abs. 1 S. 2, 14 sowie 8 Abs. 2 GBMaßnG, wo jeweils einem mittelbar Begünstigten ausdrücklich und offenbar ausnahmsweise das Antragsrecht beigelegt wird.
Rz. 81
b) Das Gleiche muss auch für den Passivbeteiligten gelten, obwohl der Wortlaut der GBO, insbesondere im Hinblick auf die Bestimmungen in §§ 19, 39 und 55 GBO...