Rz. 1
Mit Gesetz vom 30.7.2009 wurde der Wortlaut des Abs. 2 und Abs. 1 neu eingefügt. Es handelt sich um eine nicht wirklich gelungene Folgeänderung zur rechtspolitisch verfehlten Vertretungsbeschränkung in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch das FamFG. In familiengerichtlichen Verfahren war dies zuvor durch eine Spezialregelung adäquat aufgefangen worden. In anderen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat es eigentlich keine über Einzelfälle hinausgehende Probleme gegeben. Mit Erlass des § 10 FamFG war nun aber fraglich geworden, ob nicht die gerade in vermögensorientierten Grundbuchverfahren überaus häufigen Vollmachten auch an nicht-nahestehende Personen unwirksam geworden waren. Deswegen wird nun die außerordentlich enge Vorschrift des § 10 FamFG singulär für das Grundbuchverfahren aufgeweicht.
Rz. 2
Eher misslungen ist die Folgeänderung angesichts ihrer systematischen Stellung. Sie bezieht sich – dem Wortlaut nach – auf die Abgabe formbedürftiger Erklärungen durch Bevollmächtigte. § 15 GBO regelt aber Fragen der Antragstellung, also gerade einer nicht formbedürftigen Erklärung. Systematisch stimmig hätte eine Regelung dieses Wortlauts eher in einen neuen § 30 Abs. 2 GBO gehört. Eine erweiterte Vertretungsmöglichkeit bei der Antragstellung ist nämlich – ebenfalls dem Wortlaut des neuen Abs. 1 nach – gar nicht geregelt.
Rz. 3
Insgesamt ist Abs. 1 über seinen Wortlaut hinaus korrigierend dahin auszulegen, dass bei bloßer Antragstellung eine gegenüber § 10 FamFG erweiterte (bzw. sogar: unbeschränkte) Einschaltung von Vertretern zulässig ist. Dies folgt m.E. aus einem a maiore Argument aus der Ausgestaltung für die wirkmächtigere Eintragungsbewilligung sowie aus der systematischen Stellung der Norm inmitten der Regelungen zum Antrag (§§ 13–18 GBO).
Rz. 4
Entgegen einer in der Literatur und Rechtsprechung vertretenen Auffassung führt Abs. 1 für die reine Antragsvollmacht keine zusätzliche Form ein. Dies folgt schon aus § 31 Abs. 1 GBO als Korrektiv zu § 10 FamFG, der aber nicht aus Nachweisproblemen den Kreis der zulässigen Bevollmächtigten beschränkt hat. Sollte die Einschaltung nicht-nahestehender Personen bei der Antragstellung zu Verfahrensproblemen führen, lässt sich das über eine Form der Vollmacht auch gewiss nicht lösen. Der vielfach geäußerte Hinweis auf die Qualitätssicherung durch notarielle Mitwirkung (und eine daran auszurichtende teleologische Auslegung des Abs. 1) verfängt demgegenüber nicht. Dieses Argument lässt, bezogen auf den reinen Eintragungsantrag, völlig offen, warum gerade bei der Vollmacht zur Antragstellung eine solche Qualitätssicherung praxisrelevant sein soll, beim Antrag selbst als eigentlich viel unmittelbarerem Schriftstück aber nicht: Für diesen gilt zwanglos weiter § 30 GBO.
Rz. 5
Das OLG Celle hält zwar die Bevollmächtigung bei reinen Anträgen für formpflichtig, hilft aber mit § 10 Abs. 2 S. 2 FamFG: Es bedürfe einer förmlichen Zurückweisung des Bevollmächtigten; zuvor gestellte Anträge seien als wirksam zu behandeln. Diese Ansicht beweist lediglich, wie schlecht § 10 FamFG im Grundbuchverfahren passt. Das Grundbuchverfahren ist in aller Regel kein "Fortschreiten", kein Prozess; die Antragstellung erledigt sogleich die Verfahrenshandlung des Antragstellers. Vor Antragstellung weiß das GBA nichts vom kommenden Bevollmächtigten; nach Antragstellung ist es zu spät, weil praktisch nie Folgeanträge kommen, die mit Zurückweisung des Bevollmächtigten unterbunden werden könnten.
Rz. 6
Das OLG München hält die Vollmacht zur Antragstellung bei Subsumtion unter die GBO für formfrei, insbesondere greife § 29 GBO nicht. Jedoch könne das Grundbuchamt ggf. eine schriftliche Vollmacht gem. § 11 FamFG verlangen. Das KG kommt über § 11 S. 4 FamFG für Notare zur Entbehrlichkeit des Vollmachtsnachweises.