Rz. 19
§ 17 GBO gilt für die Eintragungsreihenfolge jedweder Anträge, ob (Verfügungs-)Antrag oder Berichtigungsantrag. Allerdings sind die Implikationen bei einer Kollision von Verfügungs- mit Berichtigungsantrag näher zu erörtern.
Rz. 20
Hat der Berichtigungsantrag als früher gestellt Zeitrang vor dem Verfügungsantrag, ist er normal abzuarbeiten. Bei gehörigem Unrichtigkeitsnachweis oder formgültiger Berichtigungsbewilligung ist einzutragen. Auf der Grundlage der dann vorgefundenen dinglichen Rechtslage ist der Verfügungsantrag zu erledigen. Dessen Vollzug ist nur dann unproblematisch gewährleistet, wenn die Bewilligung entweder die nun beseitigte Unrichtigkeit des Grundbuchs bereits berücksichtigt hat (dann ist aber schon kein Kollisionsfall gegeben) oder die Bewilligung auch den nun offen gelegten Berechtigten bindet (etwa die Erblasser-Bewilligung den Erben). Sonst, d.h. also in den kritischen Fällen, muss entweder zurückgewiesen werden oder durch Zwischenverfügung die Beibringung einer Bewilligung des nun eingetragenen Berechtigten verlangt werden.
Rz. 21
Im umgekehrten Fall (Verfügungsantrag vor Berichtigungsantrag) kann auch in der von § 17 GBO vorgegebenen Reihenfolge gearbeitet werden. Diese pauschale Feststellung verdeckt aber die maßgebliche Vorfrage, ob nämlich das GBA bei Bearbeitung des Verfügungsantrags gem. § 891 BGB den Grundbuchstand bindend zugrunde zu legen hat (regelmäßig mit der Folge der Erledigung durch eine Eintragung) oder ob es das aus dem nachfolgenden Berichtigungsantrag geschöpfte bessere Wissen schon bei Erledigung des Verfügungsantrags berücksichtigen darf oder muss (dann mit der Folge der Zwischenverfügung oder Zurückweisung). Formell wäre dem § 17 GBO damit immer noch Genüge getan: Der frühere Verfügungsantrag wäre ja früher erledigt. Inhaltlich hätte sich aber entgegen § 17 GBO der nachfolgende Antrag durchgesetzt.
Rz. 22
Die derzeit herrschende Praxis würde wohl das bessere Wissen des GBA vorrangig berücksichtigen. Gleichwohl sprechen die besseren Gründe für eine Pflicht des GBA, dieses Wissen auszublenden und strikt § 891 BGB auf den Stand des Grundbuchs anzuwenden. Das GBA hat nicht die Aufgabe, außerhalb der vorgesehenen Verfahrensmöglichkeiten die Interessen des wahren Berechtigten zu schützen. Es hat aber die Aufgabe, das Grundbuchsystem als tragfähig zu erhalten. Dazu gehört, dass der Erwerber nicht seinerseits das Grundbuch hinterfragen muss.
Rz. 23
Die Berücksichtigung (auch nachfolgend erlangten) besseren Wissens des Grundbuchamtes hebelt darüber hinaus die materiellrechtliche Vorschrift des § 892 BGB in zweierlei Hinsicht aus. In zeitlicher Hinsicht tritt entgegen § 892 Abs. 2 BGB an die Stelle der Antragstellung beim Grundbuchamt der Eintragungszeitpunkt. Zudem schadet dem Erwerber entgegen § 892 BGB nicht nur eigene Kenntnis, sondern auch diejenige des GBA. Außerdem treffen bei dieser Auslegung entgegen der Intention des § 17 GBO den Erwerber verzögerte Bearbeitungszeiten beim GBA. Das ist auch in der bundesweiten Betrachtung unter Gleichheitsgesichtspunkten nicht unbedenklich. Über die Kenntnis des GBA von der (objektiven) Grundbuchunrichtigkeit hinaus ist deswegen auch zu verlangen, dass das GBA sichere Kenntnis von der (subjektiven) Bösgläubigkeit des Erwerbers im maßgeblichen Zeitpunkt des § 892 Abs. 2 BGB hat. Kenntnis von subjektiven Tatbestandsmerkmalen mag zwar im Grundbuchverfahren ungewöhnlich sein und für das GBA schwer zu erlangen. Indes verlangt die Rspr. des BGH bei Anwendung z.B. des § 1365 BGB im Grundbuchverfahren genau dies: sichere Anhaltspunkte für die objektive Wertrelation und die Kenntnis des Erwerbers.