Rz. 103
Abs. 2 zieht die Folgerung aus der Zulassung der Zwischenverfügung durch Abs. 1. Ohne sie würde ein später gestellter Antrag gem. § 17 GBO bis zur Erledigung der Zwischenverfügung in der Schwebe bleiben, was sachlich und technisch gleich unerwünscht wäre. Die Bestimmung gibt infolgedessen die Möglichkeit, den ersten Antrag durch Eintragung eines Schutzvermerks zu sichern, damit grundbuchmäßig zunächst zu erledigen und so den Weg für den sofortigen Vollzug für den zweiten Antrag freizumachen. Die Praxis macht von diesen Möglichkeiten – zu Recht – keinen allzu kräftigen Gebrauch. Der Erstantrag wird ja nicht erledigt, weswegen das GBA sich keine Arbeit erspart, sondern eher Mehraufwand betreiben muss. Und der Zweitantragsteller erhält trotz der vorgezogenen Abarbeitung seines Antrags bis zur endgültigen Entscheidung über den Erstantrag keine gesicherte (und v.a. wirtschaftlich verwertbare) Rechtsposition, so dass ihn mit dieser Verfahrensweise i.d.R. auch keinem gedient ist.
Rz. 104
Vormerkung und Widerspruch sind von Amts wegen einzutragen. Unerheblich ist, ob hinsichtlich des früher gestellten Antrags bereits eine Zwischenverfügung erlassen wurde.
Entsprechende Anwendung auf gleichzeitig gestellte Anträge ist geboten, wenn zwischen den beantragten Eintragungen ein Rangverhältnis besteht.
Ein Verstoß gegen Abs. 2 macht das Grundbuch nicht unrichtig.
I. Voraussetzungen
Rz. 105
Die Voraussetzungen des Abs. 2 sind:
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Vorliegen eines Eintragungsantrags, dem ein Hindernis entgegensteht, das aber zur sofortigen Zurückweisung des Antrags nicht berechtigt. Ob bereits eine Zwischenverfügung nach Abs. 1 erlassen wurde, ist unerheblich. |
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Eingehen eines anderen Eintragungsantrags oder Eintragungsersuchens, durch welchen das gleiche Recht betroffen wird; der Begriff des Betroffenwerdens ist hier der gleiche wie in § 17 GBO (vgl. § 17 GBO Rdn 14). |
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Nichtbestehen eines Hindernisses gegen die Vollziehung des zweiten Antrags. Steht ein Hindernis entgegen, so bedarf es keines Schutzvermerks, da ein Vollzug des zweiten Antrags noch nicht möglich ist. Erst wenn das dem zweiten Antrag entgegenstehende Hindernis vor Erledigung des ersten Antrags beseitigt wird, kann ein Schutzvermerk eingetragen werden. |
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Eingehen des zweiten Antrags nach dem ersten; entsprechende Anwendung auf gleichzeitig gestellte Anträge ist zulässig, wenn zwischen den beantragten Eintragungen ein Rangverhältnis besteht. |
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Der Schutzvermerk muss nach den vorliegenden Unterlagen so formuliert werden können, dass er den Voraussetzungen des Grundbuchs inhaltlich entspricht. Kann das Gemeinschaftsverhältnis (siehe § 47 GBO) nicht angegeben werden, so wird dadurch ein Schutzvermerk nicht ausgeschlossen, da diese Bestimmung sich weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Sinn auf den vorläufigen Schutzvermerk des § 18 GBO bezieht. Auch die Voreintragung des Betroffenen (§ 39 GBO) braucht nicht bereits erfolgt zu sein, da § 39 GBO nur den endgültigen Grundbuchstand sichern will. |
II. Vormerkung oder Widerspruch
Rz. 106
Liegen die genannten Voraussetzungen vor, so ist zugunsten des früher gestellten Antrags eine Vormerkung oder ein Widerspruch einzutragen. Die Eintragung hat von Amts wegen zu erfolgen. Die Eintragung des Schutzvermerks erfolgt ohne Prüfung seiner Zweckmäßigkeit und steht nicht im Ermessen des GBA. Der Vorrang vor der später beantragten Eintragung oder der Gleichrang bei gleichzeitig beantragten Eintragungen muss zum Ausdruck gebracht werden, eine Bezugnahme gem. § 874 BGB ist zulässig.
Rz. 107
Eine Vormerkung ist einzutragen, wenn der frühere Antrag eine rechtsändernde Eintragung zum Gegenstand hat, ein Widerspruch, wenn eine Grundbuchberichtigung beantragt wird. Wird jedoch statt einer Vormerkung ein Widerspruch eingetragen oder umgekehrt, so ist dies praktisch bedeutungslos, da jeder der beiden Vermerke nur zum Ausdruck bringt, dass die später beantragte Eintragung nur unter Vorbehalt erfolgt.
III. Rechtsnatur
Rz. 108
Trotz gleicher Benennung handelt es sich nicht um die Vormerkung oder den Widerspruch des BGB (§§ 883, 899 BGB). Denn weder wird durch die "Vormerkung" des Abs. 2 ein persönlicher Anspruch auf die Rechtsänderung gesichert – ein solcher liegt oft gar nicht vor –, noch wird die Unrichtigkeit des Grundbuchs vorausgesetzt. Vielmehr soll der Schutzvermerk den ersten Antragsteller für eine begrenzte Zeit dagegen schützen, dass ein Antrag durch die frühere Vornahme der später beantragten Eintragung beeinträchtigt oder vereitelt wird. Der Schutzvermerk sichert deswegen den öffentlich-rechtlichen Anspruch des Antragst...