1. Formelle Wirkung
Rz. 110
In formeller Hinsicht bedeutet die Eintragung des Schutzvermerks die grundbuchmäßige Erledigung des früheren Antrags im Sinne des § 17 GBO, aber auch lediglich in diesem Sinne; der Vollziehung des späteren Antrags – mit Ausnahme der beantragten Löschung des von der Vormerkung betroffenen Rechts (vgl. § 17 GBO Rdn 32) – steht nichts mehr im Wege. Die später beantragte Eintragung ist in der gleichen Abteilung unter nächstfolgender Nummer in einer anderen Abteilung mit späterem Datum oder Rangvermerk gem. § 45 Abs. 2 GBO vorzunehmen.
Rz. 111
Die Eintragung des Schutzvermerks selbst erledigt den Erstantrag hingegen in anderen Beziehungen nicht. Der Antrag bleibt vielmehr noch beim GBA anhängig und ist im üblichen Verfahren durch Eintragung, Zurückweisung oder Monierung durch Zwischenverfügung abzuarbeiten. Das unterscheidet den Widerspruch nach Abs. 2 etwa vom Amtswiderspruch, dessen weitere Durchsetzung sodann den Beteiligten selbst überlassen bleibt. Das erklärt auch die Nichtgeltung des § 888 BGB auf die Vormerkung: Die rangrichtige Eintragung ist eine offene Verfahrenspflicht des GBA, so dass es sachenrechtlicher Ansprüche der Beteiligten untereinander nicht bedarf. Mit abschließender Entscheidung über den Erstantrag ist sodann der Schutzvermerk zu löschen.
2. Materielle Wirkung
Rz. 112
Die materielle Bedeutung des Schutzvermerks besteht in der Rangwahrung und der Gewährleistung eines vorläufigen Schwebezustands:
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Der Schutzvermerk hat die grundbuchliche Funktion, den Vorrang des früheren Antrags zu sichern. Der Vorrang wird selbst dann gesichert, wenn zu dem früheren Antrag eine notwendige Genehmigung erst nach der später beantragten Eintragung erteilt wird. Die Rangwahrung erfolgt endgültig jedoch nur für den Fall, dass der frühere Antrag durch Eintragung erledigt wird. |
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Vormerkung oder Widerspruch gewähren Schutz dagegen, dass infolge einer später beantragten Eintragung dem früheren Antrag nicht oder nicht in vollem Umfang entsprochen werden kann. Sie gewähren aber keinen Schutz gegen Eintragungshindernisse anderer Art, die von der später beantragten Eintragung unabhängig sind. Über den früher gestellten Antrag ist daher so zu entscheiden, als ob die Vormerkung nicht eingetragen wäre. Dies gilt insbesondere bei Verfügungsbeschränkungen, die vor der endgültigen Eintragung eintreten. Eine Zwangshypothek kann deshalb, wenn der Grundstückseigentümer in Insolvenz gerät (siehe § 89 InsO), nicht mehr eingetragen werden, auch wenn der Antrag durch einen Schutzvermerk geschützt ist, da § 91 Abs. 2 InsO den §§ 21 Abs. 2 Nr. 3, 89 InsO entgegensteht. Ist umgekehrt bereits nach § 878 BGB eine Bindung eingetreten, so ist die Eintragung trotz Insolvenzöffnung zulässig; die Vormerkung als solche spielt dabei keine Rolle. |
Rz. 113
Auch die endgültige Entscheidung über den späteren Antrag bleibt in der Schwebe. Die später beantragte Eintragung ist abhängig von der endgültigen Behandlung des früher gestellten, durch Schutzvermerk gesicherten Antrags, da sie nur unter dem sich aus dem Schutzvermerk ergebenden Vorbehalt erfolgt ist.