Rz. 65
Inhaltsänderung ist jede nachträgliche Änderung der Befugnisse des Berechtigten, die nicht in einer Änderung der Art des Rechts besteht und nicht als Neubestellung, Aufhebung, Übertragung, Belastung oder Rangänderung des Rechts anzusehen ist. Die Grenzen sind zum Teil fließend und im Einzelfall umstritten.
Rz. 66
Bei Inhaltsänderungen kann im Regelfall zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass beide Teile rechtliche Nachteile erleiden oder wenigstens erleiden können, womit beide bewilligungsberechtigt sind. Ob dies zutrifft, lässt sich aber nur im Einzelfall im Vergleich zwischen dem bisherigen und dem neuen Inhalt beantworten. Im Zweifel ist die Bewilligung beider Seiten erforderlich.
Rz. 67
Beide Teile sind regelmäßig von folgenden Inhaltsänderungen betroffen:
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Inhaltsänderungen beim Wohnungseigentum und beim Erbbaurecht. Vereinbarungen ("Gemeinschaftsordnung") einer Wohnungseigentümergemeinschaft müssen zum Grundbuchvollzug von allen Wohnungseigentümern bewilligt werden. Bei der Eintragung von Sondernutzungsrechten hängt dies davon ab, ob (auch) die sog. negative Komponente des Sondernutzungsrechts zum Nachteil aller Wohnungseigentümer geändert werden soll. Die Bewilligung Dritter ist gem. §§ 876 S. 1, 877 BGB und vorbehaltlich § 5 Abs. 4 WEG nur entbehrlich, wenn ihre dingliche Rechtsstellung durch die Änderung nicht berührt werden kann. |
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Verlängerung eines bereits bestehenden Erbbaurechts oder eines sonstigen zeitlich befristeten Rechts; die Zustimmung der Inhaber von Rechten, die daran bestehen (§ 876 BGB), ist nicht nötig, da sie durch Verlängerung keinen Nachteil erleiden. |
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Änderung vertraglicher Verfügungsbeschränkungen, die zum Inhalt eines Erbbaurechts, Wohnungseigentums oder Dauerwohnrechts gehören. |
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Nachträgliche Vereinbarung oder Ausschluss der Übertragbarkeit eines Rechts. |
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Auswechslung von Leibgedingsleistungen: z.B. Dienstbarkeit in Reallast oder umgekehrt; |
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Umwandlung von Grundpfandrechten: z.B. Buch- in Briefrechte, vgl. § 1116 BGB; Hypothek in Grundschuld oder Rentenschuld und umgekehrt, siehe §§ 1198, 1203 BGB; Verkehrs- in Sicherungshypothek, vgl. § 1186 BGB; Eigentümergrundschuld in Fremdhypothek, die nur bei gleichzeitiger Abtretung an Fremdgläubiger zulässig ist; Forderungsauswechslung (§ 1180 BGB); |
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die Änderung einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung oder Befristung ist zwar keine Inhaltsänderung, aber wie eine solche zu behandeln; |
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Änderung von Zahlungsbestimmungen: z.B. Kündigungsklausel, Barzahlungsklausel, Zahlungsort. |
Rz. 68
Inhaltsänderungen, bei denen nur ein Teil bewilligungsberechtigt ist, liegen ausnahmsweise und nur dann vor, wenn klar ersichtlich ist, dass nur ein Teil einen Rechtsnachteil erleiden kann, der andere nicht.
Rz. 69
Dies ist der Fall bei:
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Erhöhung der Zins- oder Nebenleistungen: Betroffen ist nur der Eigentümer, selbst wenn er wirtschaftlich für die Zinserhöhung ein Entgelt erhält; Herabsetzung von Zins- und Nebenleistungen ist als Teillöschung anzusehen; |
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Rangänderungen, soweit §§ 880, 881 BGB nicht zutreffen, z.B. bei:
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nachträglichem Rangvorbehalt: nur Gläubiger des Rechts ist betroffen, bei dem er eingetragen wird; |
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Austausch zweier Rechte des gleichen Rechtsinhabers; nur dieser Rechtsinhaber ist betroffen; |
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Ausschluss des Kündigungsrechts des Eigentümers auf bestimmte Zeit; |
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nachträgliche Festsetzung des Höchstbetrags des Wertersatzes (vgl. § 882 BGB): betroffen ist nur der Gläubiger, nicht der Eigentümer. |
Rz. 70
Keine Inhaltsänderung liegt vor bei:
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Änderung der Art des Rechts, z.B. beschränkt persönliche Dienstbarkeit in Grunddienstbarkeit, Grundpfandrecht in Reallast, Wohnungsrecht in Dauerwohnrecht oder umgekehrt. Die Rechtsänderung bedarf der Aufhebung des bisherigen und Neubegründung des neuen Rechts; bei Verlegung der Ausübung von Dienstbarkeiten hängt es vom Einzelfall ab, ob eine Änderung der Art des Rechts oder eine Inhaltsänderung vorliegt. |
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Bei völliger Veränderung der Befugnisse des Rechtsinhabers trotz gleicher Art des Rechts, z.B. Änderung eines Überwölbungsrechts in Geh- und Fahrtrecht. |
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Neubelastung, z.B. Erhöhung des Hypothekenkapitals, Erstreckung eines Rechts auf ein bisher nicht belastetes Grundstück oder die Auswechslung des belasteten Grundstücks gegen ein anderes. |
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Aufhebung eines Rechts, z.B. Teillöschung eines Grundpfandrechts; auch Herabsetzung von Zinsen oder Nebenleistungen und Umwandlung von unbedingten (unbefristeten) in bedingte (befristete) Rechte und Vormerkungen entspricht Teillöschung; die Behandlung des umgekehrten Falls ist materiell-rechtlich streitig. |
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Übertragung eines Rechts. |
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Bei Rangänderung ist zu unterscheiden: soweit sie in § 879, 880, 881 BGB geregelt sind, gelten diese Bestimmungen, sonst sind sie als Inhaltsänderung zu behandeln. |
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Änderung nur schuldrechtlicher Beziehungen, vor allem: Veränderungen ... |