I. Überblick
Rz. 43
In den Fällen des § 20 GBO muss die materiell-rechtliche Einigung über die dingliche Rechtsänderung stattfinden:
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bei der Übertragung des Eigentums an einem Grundstück zwischen Veräußerer und Erwerber (§ 925 Abs. 1 BGB), |
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bei der Bestellung eines Erbbaurechts zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erwerber des Erbbaurechts, |
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bei der Änderung des Inhalts eines Erbbaurechts zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten, |
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bei der Übertragung des Erbbaurechts zwischen dem bisherigen Erbbauberechtigten und dem Erwerber des Erbbaurechts. |
Auf der einen Seite steht also der verlierende Teil, dessen Eigentum oder Erbbaurecht betroffen wird, auf der anderen Seite der gewinnende Teil, der durch den Erwerb begünstigt wird. Gegenstand der Rechtsänderung ist im Fall der Grundstücksübereignung und Erbbaurechtsbestellung ausschließlich das Eigentum am Grundstück, im Fall der Inhaltsänderung und Übertragung des Erbbaurechts ausschließlich das Erbbaurecht.
Rz. 44
Ist eine Person auf Veräußerer- und Erwerberseite gleichzeitig beteiligt (z.B. Miterbe erwirbt das Nachlassgrundstück allein oder mehrere Miterben in Bruchteilseigentum) muss er die Auflassung als Veräußerer erklären und als Auflassungsempfänger entgegennehmen. Auch ein Testamentsvollstrecker, der ein Nachlassgrundstück übernimmt (z.B. Teilungsanordnung; Vermächtnis), muss bei der Auflassung erklären, dass und in welcher Eigenschaft er auf beiden Seiten handelt.
II. Veräußerer, Erbbaurechtsbesteller
Rz. 45
Die Einigung ist auf Seiten des Veräußerers bzw. Erbbaurechtsbestellers im Namen des wahren Rechtsinhabers (Eigentümer oder Erbbauberechtigten) zu erklären. Er muss verfügungs- und damit einigungsberechtigt sein. Unterliegt er bezüglich seines gesamten Vermögens einer Verfügungsbeschränkung, so ist zu unterscheiden: Ist ihm die Verfügungsberechtigung völlig entzogen und einem Verwalter übertragen (z.B. Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker), so ist nur dieser Verwalter zur Erklärung der Einigung befugt, wobei dann seine rechtswirksame Ernennung und Verfügungsbefugnis im Grundbuchverfahren zu prüfen sind. Ist der Rechtsinhaber dagegen lediglich in seiner Verfügungsberechtigung beschränkt, so muss die Einigung vom Rechtsinhaber mit Zustimmung des Dritten oder der Genehmigung der zuständigen Behörde erklärt werden.
Rz. 46
Trotz Tod oder Verlust der Geschäftsfähigkeit des Eigentümers bleibt seine Auflassungserklärung (samt Bewilligung) wirksam; die Einigung bedarf auch dann nicht der Zustimmung der Erben, wenn diese zwischenzeitlich als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden sind.
Rz. 47
Ist der wirkliche Eigentümer oder Erbbauberechtigte im Grundbuch noch nicht eingetragen, darf das GBA die Einigung erst dann im Grundbuch vollziehen, wenn der Eigentümer oder Erbbauberechtigte vorher als solcher eingetragen worden ist (§ 39 Abs. 1 GBO) oder sein Erbrecht nachweist (§ 40 Abs. 1 GBO). Der Voreintragungsgrundsatz (siehe § 2 Einl. Rdn 5) ist vom GBA im Grundbuchverfahren zu beachten, auch wenn ein Verstoß gegen diese verfahrensrechtlichen Ordnungsvorschriften nicht zur Unwirksamkeit der Einigung führen würde.
Rz. 48
Der eingetragene Nichtberechtigte ist zur Einigung formell legitimiert, auch wenn er selbst den Mangel seines Rechts kennt. Die dingliche Rechtsänderung tritt aber für den Erwerber nur ein unter den Voraussetzungen des § 892 Abs. 1 BGB. GBA und Notar können im Regelfall den eingetragenen Nichtberechtigten als wahren Rechtsinhaber behandeln, da auch für sie die Vermutung des § 891 BGB gilt. Sie müssen aber ihre Mitwirkung versagen, wenn sie die Unrichtigkeit kennen (siehe § 2 Einl. Rdn 36) und keiner der Fälle des § 185 BGB oder des § 878 BGB vorliegt.
III. Erwerber
1. Überblick
Rz. 49
Erwerbsfähigkeit und -wille des Erwerbers sind unerlässliche Voraussetzungen einer wirksamen Einigung. Das Recht zum Eigentumserwerb ist Ausfluss der allgemeinen Rechtsfähigkeit natürlicher und juristischer Personen und ihnen gleichgestellter Personenverbände. Das BGB kennt Erwerbsbeschränkungen nur für Erbengemeinschaften (§ 2041 BGB), das öffentliche Recht auch für bestimmte juristische Personen (siehe Rdn 183 ff.).
Rz. 50
Zum Erwerb des Eigentums und – damit auch aller anderen dinglichen und grundbuchmäßigen Rechte – ist fähig, wer als natürliche oder juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts rechtsfähig und nicht durch gesetzliche oder gerichtliche Erwerbsbeschränkungen am Erwerb gehindert ist. Das GBA hat die Erwerbs- und Grundbuchfähigkeit des Erwerbers von Amts wegen zu prüfen. Diese Prüfungspflicht ist in den Fällen des § 20 GBO umfangreicher als im Rahmen des § 19 GBO.
Rz. 51
Zur Prüfung der materiellen Einigung in den Fällen des § 20 GBO gehört auch die des Erwerbswillens des Erwe...