I. Überblick
Rz. 69
Aus der Auflassung als materiell-rechtlich dinglichem Vertrag muss für das GBA ggf. auch nur im Auslegungswege (siehe Rdn 70 ff.) der übereinstimmende Wille aller Beteiligten hervorgehen, von wem und an wen (vgl. Rdn 73) an welchem Grundstück Eigentum ohne jede Bedingung oder Zeitbestimmung übertragen wird. Die Nichtigkeit des Grundgeschäfts führt nach dem Abstraktionsprinzip für sich allein nicht zur Nichtigkeit der Auflassung.
II. Ausdrücklicher und auslegungsfähiger Inhalt
Rz. 70
Die Auflassungserklärungen müssen den übereinstimmenden Willen der Beteiligten auf Übertragung des Eigentums vom Veräußerer auf den Erwerber deutlich zum Ausdruck bringen. Bestimmte Formulierungen sind nicht vorgeschrieben. Die Erklärungen sind einer Auslegung grundsätzlich zugänglich, ein bestimmter Wortlaut ist nicht vorgeschrieben.
Rz. 71
Außerhalb des Grundbuchverfahrens ist die Auflassung als dinglicher Vertrag mit materieller Rechtsnatur (§§ 873, 925 BGB) nach den für Verträge geltenden allgemeinen Auslegungsgrundsätzen der Auslegung zugänglich.
Rz. 72
Eine materiell wirksame Auflassung, die, für sich betrachtet, grundbuchverfahrensrechtlichen Maßstäben nicht genügt, ist für die Grundbucheintragung verwendbar, wenn dem GBA ihre materiell-rechtliche Wirksamkeit nachgewiesen wurde und die daneben erforderliche Bewilligung des Veräußerers dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügt und sich beide Erklärungen decken.
III. Eigentumsübertragung von Veräußerer an Erwerber
Rz. 73
Aus den übereinstimmenden Erklärungen muss sich ergeben, dass Grundstückseigentum rechtsgeschäftlich übertragen wird und wer der Veräußerer und wer der Erwerber ist. An der rechtsgeschäftlichen Einigung fehlt es z.B., wenn die Parteien von einer reinen Grundbuchberichtigung ausgehen. Die Berichtigungsbewilligung des Voreingetragenen und die Zustimmung gem. § 22 Abs. 2 GBO können dann nicht als Einigung über einen rechtsgeschäftlichen Eigentumsübergang angesehen werden, wie dies § 873 Abs. 1 BGB verlangt.
IV. Gemeinschaftsverhältnis
Rz. 74
Auf Veräußerer- oder Erwerberseite können mehrere Personen an der Auflassung beteiligt sein. Das GBA hat zu prüfen, ob das zur Eintragung beantragte Gemeinschaftsverhältnis generell möglich und im konkreten Eintragungsverfahren das richtige ist. Die beantragte Eintragung eines Ehegatten als Alleineigentümer darf das GBA aber nicht schon bei bloßen Zweifeln, sondern erst dann ablehnen, wenn es die auf Tatsachen gegründete sichere Kenntnis davon hat, dass durch die Eintragung das Grundbuch unrichtig wird.
Rz. 75
Sind mehrere Veräußerer beteiligt und wirken alle an der Auflassung mit, ergibt sich ihr Gemeinschaftsverhältnis unmittelbar aus dem Grundbuch.
Rz. 76
Sind mehrere Erwerber beteiligt, muss ihr Gemeinschaftsverhältnis gesetzlich zulässig sein, z.B. Bruchteilsgemeinschaft (§ 1008 BGB), Gütergemeinschaft (§ 1415 BGB), Erbengemeinschaft (§ 2032 BGB), güterrechtliche Gemeinschaften ausländischen Rechts. Notwendig ist die Angabe des konkreten Gesamthandsverhältnisses, nicht genügend z.B. "Auflassung an die Erwerber zur gesamten Hand". Ein Eigentumserwerb mehrerer als "Gesamtberechtigte gem. § 428 BGB" ist nicht zulässig, auch wenn für sie in diesem Gemeinschaftsverhältnis eine Auflassungsvormerkung bestellt und eingetragen werden kann. Auch eine "Sukzessivauflassung" an Erwerber, die nacheinander Alleineigentümer werden sollen, wäre als zeitlich befristetes Eigentum (§ 925 Abs. 2 BGB) unwirksam.
Rz. 77
Keine Auflassung an mehrere liegt vor, wenn zuerst das Grundstück vom Veräußerer an einen Erwerber aufgelassen wird und erst danach (z.B. infolge eines Erbfalls) auf Erwerberseite ein Gemeinschaftsverhältnis entsteht oder wenn der Auflassungsempfänger vor seiner Eintragung das Grundstück an mehrere zu Bruchteilen oder per Gesamthand (auch wenn er selbst daran beteiligt ist) weiterüberträgt.
Rz. 78
Veräußerer und Erwerber müssen übereinstimmende Erklärungen zum Gemeinschaftsverhältnis, in dem die Erwerber das Grundstück erwerben wollen, abgeben. Für die Wirksamkeit der materiell-rechtlichen Auflassungserklärungen genügt es, wenn das gewollte Gemeinschaftsverhältnis ermittelt und ein unzulässiges in ein zulässiges umgedeutet werden kann. Sind die Auflassungserklärungen demgemäß materiell wirksam abgegeben worden, hat der Veräußerer im Regelfall anschließend kein Interesse mehr an einem bestimmten, im Grundbuch einzutragenden Gemeinschaftsverhältnis. Die zum Grundbuchvollzug erforderliche Bestimmung des Gemeinschaftsverhältnisses gem. § 47 GBO als Teil der neben der Auflassung erforderlichen Eintragungsbewilligung kann dann auch durch die Erwerber in Form des § 29 GBO nachgeholt, geändert oder berichtigt werden, wenn sie dazu vom Veräußerer gem. ...