I. Begriff der Unrichtigkeit
1. Unrichtigkeit im Sinne des § 894 BGB
Rz. 9
Abs. 1 setzt eine Unrichtigkeit im Sinne des § 894 BGB voraus, die sich wiederum mit dem in § 892 Abs. 1 S. 1 BGB verwendeten Begriff des Inhalts des Grundbuchs vollständig deckt, also die (zumindest potenzielle) Gefahr eines Erwerbs kraft öffentlichen Glaubens des Grundbuchs in sich birgt (vgl. Rdn 25). Danach ist das Grundbuch unrichtig, wenn sein Inhalt mit der materiellen Rechtslage nicht im Einklang steht
a) |
bezüglich eines dinglichen Rechts an einem Grundstück oder an einem Grundstücksrecht (siehe Rdn 32 ff.), |
b) |
bezüglich einer zu Unrecht eingetragenen oder gelöschten Vormerkung (vgl. Rdn 78 ff.) oder eines Widerspruchs (siehe Rdn 100 ff.) oder |
c) |
bezüglich einer eintragungsfähigen, aber nicht oder nicht richtig eingetragenen oder zu Unrecht gelöschten Verfügungsbeschränkung (vgl. Rdn 108 ff.). |
Rz. 10
Keine Unrichtigkeit des Grundbuchs in diesem Sinne ist hingegen bei einer nach § 883 Abs. 2 BGB oder nach einer anderen Vorschrift nur relativ unwirksamen Eintragung gegeben. Hier handelt es sich um eine an sich wirksame Rechtsänderung, gegen die allein der Vormerkungs- oder sonst Berechtigte aufgrund seines Anspruchs aus § 888 Abs. 1 BGB vorgehen kann (zum Wirksamkeitsvermerk siehe auch Rdn 95 f.). Auch im Fall einer dauerhaften Einrede gegen den durch eine Vormerkung gesicherten Anspruch liegt keine Unrichtigkeit (dahingehend, dass die eingetragene Vormerkung nicht mehr bestünde) vor, vielmehr hat der Verpflichtete lediglich einen Anspruch auf Aufgabe der Vormerkung (§ 886 BGB). Dies ergibt sich schon daraus, dass der Anspruch nicht untergegangen, sondern lediglich dauerhaft undurchsetzbar ist. Unrichtig ist das Grundbuch hingegen bei einem Verstoß gegen eine absolute Verfügungsbeschränkung (vgl. § 19 GBO Rdn 89 ff., § 20 GBO Rdn 183 ff.), da die Verfügung in diesem Fall mit Wirkung gegen jedermann unwirksam ist.
2. Nicht unter Abs. 1 fallende Richtigstellungen
Rz. 11
Einer Berichtigung im Sinne des Abs. 1 fähig sind nur wirksame Eintragungen im Rechtssinne, wofür zumindest die Erfordernisse des § 44 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 oder S. 3 GBO (siehe § 1 Einl. Rdn 66, § 44 GBO Rdn 15) bzw. des § 129 Abs. 1 S. 1 GBO erfüllt sein müssen. Bestimmte unzutreffende Angaben im Grundbuch (auch überflüssige Eintragungen, vgl. § 2 Einl. Rdn 124) sind nicht im Verfahren nach Abs. 1 zu beseitigen, sondern von Amts wegen.
a) Angaben tatsächlicher Art
Rz. 12
Die Richtigstellung von Angaben tatsächlicher Art über das Grundstück, die dessen Identität unverändert lassen, unterliegt nicht Abs. 1. Eine solche liegt nur dann vor, wenn sie die Eigentumsverhältnisse nicht berührt und keine Rechtsänderung bewirkt.
Rz. 13
Einzelfälle:
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Angaben rein tatsächlicher Art über die Wirtschaftsart oder Bebauung des Grundstücks, den Straßennamen, die Hausnummer oder die Größe, sofern hierdurch keine Änderung der Grenzen ausgedrückt wird. Nicht hierunter fallen Angaben im Bestandsverzeichnis des Wohnungsgrundbuchs, die den Gegenstand des Sondereigentums betreffen und damit die Abgrenzung der im Sondereigentum stehenden Raumeinheiten untereinander beschreiben. |
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Gleichzustellen sind Fälle des originären Eigentumserwerbs oder -verlusts (z.B. durch Überschwemmungen, etwa nach Art. 7 Abs. 1 BayWG, oder Anlandungen); die Berichtigung erfolgt von Amts wegen durch Fortführungsnachweise der Vermessungsbehörden (vgl. § 2 GBO Rdn 11). |
Rz. 14
Keine Berichtigung lediglich tatsächlicher Angaben liegt hingegen in folgenden Fällen vor:
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Verwechseln die Parteien in der Auflassung die Parzellen und vollzieht das GBA den Umschreibungsantrag dem Wortlaut entsprechend, so sind die Eintragung und die auszulegende Auflassung (vgl. § 20 GBO Rdn 70 ff.) nicht deckungsgleich. Dies hat zur Folge, dass der Veräußerer noch Eigentümer des Grundstücks ist und deshalb ein – konstitutiver – Vollzug der in einem Nachtragsvermerk (Form: § 29 Abs. 1 S. 1 GBO) klarzustellenden Auflassung zu erfolgen hat (siehe Rdn 34, § 2 Einl. Rdn 78 f., § 28 GBO Rdn 11). Insoweit ist die Eigentümerstellung und damit die rechtliche Beziehung zum Grundstück betroffen, so dass die Änderung nur nach den Vorschriften der GBO erfolgen kann. Einer Berichtigung zugänglich ist zudem lediglich die Wiederherstellung der ursprünglichen Eigentümer, die Eintragung der Erwerber ist dagegen konstitutiv und somit nicht nach § 22 GBO zu bewerkstelligen. Wurden zwei Grundstücke an verschiedene Erwerber veräußert und dabei miteinander verwechselt, ist wegen § 39 Abs. 1 GBO zuvor jeweils zwingend die Berichtigung des Grundbuchs... |