Rz. 40
In Fällen der Divergenz bei unvollständiger Eintragung von Bruchteilsberechtigten (zur Gesamtgläubigerschaft siehe Rdn 37) muss zwischen Übertragung und Ersterwerb differenziert werden. Beispiel: A und B sollten Berechtigte zu je ½ sein, aber A wurde als Alleinberechtigter eingetragen.
Rz. 41
Geht es um die Übertragung eines Rechts, z.B. die Auflassung eines Grundstücks oder die Abtretung einer Grundschuld, so hat A Miteigentum zu ½ erworben, der andere Anteil ist beim Veräußerer verblieben, da es für die eingetragene Übertragung an der erforderlichen Einigung fehlt, für die Übertragung, hinsichtlich der sich die Beteiligten geeinigt haben, mangelt es dagegen an der nötigen Eintragung.
Rz. 42
Soll hingegen für A und B in Bruchteilsgemeinschaft ein Recht begründet werden (z.B. eine Grundschuld), so entscheidet vorrangig die Auslegung der Einigung, ob A das Recht auch hätte allein erwerben sollen und damit durch die Eintragung in der Konsequenz auch allein erworben hat. Lässt sich eine derartige Auslegung nicht ermitteln, kommt richtigerweise allerdings auch ein Verständnis derart, dass die eigentlich für B bestellte Position am Vollrecht dem Bestellers verbleibt, nicht in Betracht. Insoweit fehlt es an der notwendigen Eintragung des weiteren Berechtigten, so dass das Recht auch nicht dem Eigentümer zustehen kann, da auch insoweit eine Eintragung erforderlich ist.
Rz. 43
Zudem kann A keinen ½-Anteil an dem Recht erwerben, ohne dass es einen anderen ½-Anteil gibt, da eine Bruchteilsgemeinschaft nur entsteht, "wenn ein Recht (z.B. eine Forderung) […] als gemeinschaftliches begründet wird". An der gemeinschaftlichen Begründung des Rechts fehlt es jedoch gerade wegen der Nichteintragung des B oder eines sonstigen Berechtigten. Die Übertragung der Rechtsfigur des isolierten Miteigentumsanteils aus dem Wohnungseigentumsrecht, ist nicht möglich, da es hierbei nicht um eine sachliche, sondern allenfalls um eine begriffliche Parallele geht, da es beim isolierten Miteigentumsanteil lediglich an der Zuordnung eines Sondereigentums fehlt, jedoch der Bruchteil am Eigentum am Grundstück tatsächlich begründet wird.
Rz. 44
Zu einer wirksamen Begründung des Rechts kann man nur unter Zugrundelegung der "Theorie der Rechtsvervielfältigung" gelangen. Hiernach wäre der eingetragene A infolge seiner Eintragung als einziger und vollständiger Berechtigter anzusehen. Gegen sie spricht aber, dass es dennoch nur ein Eigentumsrecht gibt, das lediglich in seiner Rechtszuständigkeit geteilt ist. In der Konsequenz kann dem A, dem nach der Einigung nur ein Bruchteil an dem Recht zustehen sollte, nicht das gesamte Recht zugewiesen werden, da es insofern an der erforderlichen Einigung fehlt. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht zutreffend, davon auszugehen, dass A Alleininhaber des Rechts würde, da in der Konsequenz auch unklar bliebe, wie die noch notwendige Eintragung des B zu bewerkstelligen wäre, da insoweit die Bewilligung durch A nötig wäre und nicht erfolgen könnte, wenn sich A weigerte, weil das Recht insoweit auch A tatsächlich zusteht, so dass eine Berichtigung ausscheiden müsste.
Rz. 45
Mithin kann in einer solchen Situation kein Recht entstehen, so dass das Grundbuch mithin unrichtig ist. Dies ist nicht nur dogmatisch zutreffend, sondern erleichtert der Praxis auch den Vollzug. Die unrichtige Eintragung ist insgesamt zu löschen und sodann das Recht korrekt mit allen Berechtigten unter einer neuen laufenden Nummer einzutragen. Es ist nicht ausreichend, lediglich die fehlenden Berechtigten in der Veränderungsspalte nachzutragen, da das Recht ursprünglich überhaupt nicht entstanden ist und es daher weder berichtigt noch verändert werden kann.