1. Allgemeines
Rz. 50
Wird ein Recht im Grundbuch materiell zu Unrecht gelöscht (siehe Rdn 6), hat dies auf sein Fortbestehen keine Auswirkung. Es existiert vielmehr dennoch außerhalb des Grundbuchs weiter.
Beispiele:
Die Aufgabeerklärung (§ 875 Abs. 1 BGB) ist wegen Geschäftsunfähigkeit oder nach Anfechtung nichtig oder dem Erklärenden fehlt die Verfügungsbefugnis (z.B. Insolvenzeröffnung); die Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Aufhebung einer Hypothek (§ 1183 BGB) fehlt oder ist nicht wirksam; die nach § 876 S. 2 BGB erforderliche Zustimmung des Drittberechtigten zur Löschung oder Inhaltsänderung eines subjektiv dinglichen Rechts fehlt oder ist nicht wirksam. Ein Erbbaurecht erlischt zudem trotz § 10 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG auch bei unberechtigter Löschung nicht dadurch, dass Dritte danach andere beschränkte dingliche Rechte an dem Grundstück nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB mit Rang vor dem Erbbaurecht erwerben.
2. "Abhanden gekommene" Löschungsbewilligung
Rz. 51
Gibt der Grundschuldgläubiger zugunsten des Eigentümers eine Löschungsbewilligung ab, die er einem vom Eigentümer beauftragten Notar zu treuen Händen aushändigt, und reicht dieser Notar die Löschungsbewilligung an den Eigentümer weiter, so führt die Löschung des Rechts auch im Falle eines Verstoßes gegen Treuhandauflagen nicht zur Unrichtigkeit, denn der Gläubiger hat mit der Löschungsbewilligung zugleich seine regelmäßig darin verkörperte materiell-rechtliche Aufgabeerklärung (siehe Rdn 143) willentlich in Richtung auf den Eigentümer in den Verkehr gebracht (§ 875 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB). Die absprachewidrige Verwendung liegt daher im Risiko des Erklärenden, so dass die materiellen Voraussetzungen für die Löschung gegeben sind. Ein Gesetzesverstoß des GBA liegt in diesem Fall bei einer Löschung selbst dann nicht vor, wenn der Notar dem GBA zuvor angezeigt hat, dass die Löschungsbewilligung versehentlich an den Eigentümer übersandt worden sei, weil die Bewilligung mit der Übergabe an den Notar ebenso wirksam geworden ist wie die materiell-rechtliche Willenserklärung (vgl. § 19 GBO Rdn 120 ff.).
Rz. 52
Werden Bewilligung und Aufgabeerklärung indes nur gegenüber dem GBA abgegeben (§ 875 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB), so fehlt es bei weisungswidriger Vorlage an das GBA durch den Urkundsnotar an einer wirksamen Aufgabeerklärung, das Grundbuch wird durch die Löschung unrichtig.
Rz. 53
Der Unterschied zwischen beiden Fällen liegt darin, dass der Gläubiger, der seine (von einem anderen Notar öffentlich beglaubigte) Eintragungsbewilligung und die darin gleichfalls liegende Aufgabeerklärung einem vom Eigentümer beauftragten Notar zur Weiterleitung an den Eigentümer übergibt, mit dieser Handlung die Erklärung bereits in den Rechtsverkehr gebracht hat, während eine solche Handlung im zweiten Fall fehlt und deshalb die notwendige Zurechnung nicht möglich ist: Insoweit tritt die Erklärung erst dann in den Verkehr, wenn sie beim GBA eintrifft, was aber erst durch die Handlung des Notars geschieht. Fehlt es dem Notar an einer ausreichenden Anweisung, kann die Weitergabe durch den Notar nicht mehr dem Erklärenden zugerechnet werden, da der Notar keine Person im Organisationsbereich des Erklärenden ist, so dass Letzterer dessen Handeln nicht zu vertreten hat.