I. Reichweite der nachgewiesenen Grundbuchunrichtigkeit
Rz. 21
In den Fällen der §§ 23, 24 GBO geht es stets um die Löschung einer Eintragung, deren Stammrecht durch den Tod (§ 23 GBO), das Erreichen eines bestimmten Lebensalters des Berechtigten (§ 24 Var. 1 GBO), den Eintritt eines sonstigen Endtermins (§ 24 Var. 2 GBO) oder einer auflösenden Bedingung (§ 24 Var. 3 GBO) erloschen ist. Insoweit besteht eine Grundbuchunrichtigkeit. Nicht erloschen ist das Recht dagegen möglicherweise hinsichtlich etwaiger Rückstände wiederkehrender Leistungen, das Grundbuch ist insoweit also gerade nicht unrichtig geworden: Vielmehr würde eine umstandslose vollständige Löschung der Eintragung allein aufgrund z.B. des Todesnachweises dazu führen, dass das Grundbuch unrichtig wird und deshalb ein lastenfreier Erwerb kraft öffentlichen Glaubens eintritt. §§ 23, 24 GBO sind daher nur die systematisch zutreffende Ausgestaltung der Regelungen des § 22 GBO, der mithin für sich genommen nicht eingreifen würde, wenn das Vorliegen von Rückständen nicht ausgeschlossen wäre (vgl. § 22 GBO Rdn 1).
Demgegenüber beeinflussen sich die Möglichkeit der Löschung nach §§ 23, 24 GBO und aufgrund einer Berichtigungsbewilligung nicht, weil in dem Moment, in dem der Berechtigte die Löschung bewilligt, diese auch dann zu vollziehen ist, wenn dem Grundbuchamt nicht erkennbar wird, dass keine Rückstände bestehen können, solche also aus seiner Sicht möglich sind. Insoweit gehen der Wille und die Erklärung des Berechtigten vor, so dass dem Grundbuchamt auch weitere Ermittlungen nicht zustehen.
II. Systematische Stellung der §§ 23, 24 GBO
Rz. 22
Da der Eintritt der oben genannten auflösenden Ereignisse für das Stammrecht gerade nicht zum Erlöschen (auch) der Rückstände führt, könnte eine vollständige Löschung des Rechts nach § 22 Abs. 1 GBO an sich nur erfolgen, wenn nachgewiesen ist, dass keine Rückstände bestehen. Nur dann läge tatsächlich eine "reine" Grundbuchberichtigung vor, ansonsten handelt es sich bei der Löschung eben auch (zugleich) um eine rechtsändernde Eintragung, die nur aufgrund einer entsprechenden Bewilligung (§ 19 GBO) vorgenommen werden kann. Diese Bewilligung enthält regelmäßig auch die materiellrechtlich erforderliche Aufgabeerklärung (§ 875 Abs. 1 S. 2 Var. 1 BGB, siehe § 2 Einl. Rdn 70).
Rz. 23
Hier setzen §§ 23, 24 GBO an: Sie erleichtern unter bestimmten Voraussetzungen – nach Ablauf des sog. Sperrjahres, d.h. einer Frist von einem Jahr ab dem Tod des Berechtigten bzw. ab der Rechtskraft des Todeserklärungsbeschlusses, und Nichterhebung eines Widerspruchs (§ 23 Abs. 1 GBO) bzw. bei Eintragung einer Löschungserleichterungsklausel auch ohne Beachtung des Sperrjahres (§ 23 Abs. 2 GBO) – die vollständige Löschung des Rechts (einschließlich der Rückstände), indem sie diese aufgrund des bloßen Nachweises des Erlöschens des Stammrechts gestatten, d.h. das an sich bestehende Bewilligungserfordernis suspendieren.
Rz. 24
Demzufolge sind die §§ 23, 24 GBO keine Ausnahmen zu § 22 Abs. 1 S. 1 GBO, die strengere Anforderungen stellen, sondern eine Erweiterung oder Erleichterung, indem sie den Nachweis des Nichtbestehens von Rückständen oder die Vorlage einer Bewilligung zu deren Löschung entbehrlich machen (siehe auch Rdn 22). Dass die h.M. in §§ 23, 24 GBO stattdessen eine Erschwerung gegenüber § 22 Abs. 1 S. 1 GBO erkennen will, mag der in diese Richtung deutenden "negativen" Formulierung des Abs. 1 geschuldet sein, trifft aber bei genauer Betrachtung nicht zu.
III. Der Widerspruch in der Systematik der §§ 23, 24 GBO
Rz. 25
Die §§ 23, 24 GBO enthalten aus den zuvor dargelegten Gründen auch im Hinblick auf die Möglichkeit der Erhebung eines Widerspruchs keine Erschwerung gegenüber § 22 Abs. 1 S. 1 GBO: Der Widerspruch bewirkt – richtig verstanden – lediglich die Wiederherstellung des bei unmittelbarer Anwendbarkeit des § 22 GBO einzuhaltenden Bewilligungserfordernisses (vgl. Rdn 22, 24). Er führt damit lediglich dazu, dass die Erleichterungen des § 23 Abs. 1 GBO entfallen und es bei den allgemeinen Anforderungen verbleibt. Sollte das Nichtbestehen von Rückständen nachgewiesen sein, so ist die Löschung – ohne dass es des Rekurses auf Abs. 1 bedarf – allein nach § 22 Abs. 1 S. 1 GBO (d.h. ohne Bewilligung) möglich. Eine Bewilligung ist folglich von vornherein nicht erforderlich.