Rz. 108
Die Urkunde muss innerhalb der Grenzen der den Behörden zustehenden Amtsbefugnisse errichtet worden sein.
Zwingend folgt daraus die Einhaltung der sachlichen Zuständigkeit. Wird allein die örtliche Zuständigkeit verletzt, so bleibt die Urkunde trotzdem eine wirksame öffentliche Urkunde. Im Einzelnen ist dabei zwischen bewirkenden Urkunden ("Willenserklärungen") und bezeugenden Urkunden zu unterscheiden.
Rz. 109
Zuständig zur Ausstellung von bewirkenden Urkunden ist jede Behörde für ihre eigenen Angelegenheiten, denn diese Erklärungen betreffen ihre Verwaltung, also ihre inneren Verhältnisse, und fallen daher in ihre Amtsbefugnisse. Auch rein privatrechtlich bewirkende Urkunden, welche die öffentliche Behörde im Rahmen ihrer bürgerlich-rechtlichen Amtsbefugnisse über die in ihrem Amtsbereich fallenden Privatrechtsgeschäfte ausstellt, sind öffentliche Urkunden. Eine Vollmacht der Behörde zur Abgabe von Grundbucherklärungen an einen Dritten ist eine Urkunde der Behörde.
Rz. 110
Eine Abgabe von bewirkenden Erklärungen für Dritte kommt nur in Betracht, soweit der Behörde solche Berechtigungen (und damit zivilrechtliche Vertretungsmacht) ausdrücklich zugewiesen sind. Dies ist denkbar beim Jugendamt als Amtsvormund oder im Rahmen der Stiftungsaufsicht.
Rz. 111
Insgesamt hat aber die Einführung von bewirkenden Behördenurkunden in das Grundbuchverfahren über § 415 ZPO und Abs. 1 S. 2 nur geringe praktische Bedeutung. Bewirkende Urkunden sind in aller Regel zugleich Erklärungen nach Abs. 3 und über diese Norm wesentlich einfacher und mit geringerem Prüfungsaufwand für das GBA verfahrensverwendbar. Es entfällt nämlich vollständig die Prüfung der Einhaltung der Amtsbefugnisse oder der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit.
Rz. 112
Für die Wirksamkeit der bewirkenden Erklärung als öffentliche Urkunde genügt, dass die Behörde zur Abgabe der in Frage stehenden Erklärung abstrakt generell befugt ist. Das GBA hat nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen, unter denen die Behörde zum Tätigwerden befugt ist, tatsächlich vorliegen. Nur wenn es weiß, dass es an diesen Voraussetzungen mangelt, wenn der zugrundeliegende Sachverhalt sicher bekannt und die hieraus sich ergebende Rechtslage sicher geklärt ist, kann das GBA die Urkunde zurückweisen.
Rz. 113
Zur Errichtung von bezeugenden Urkunden ist die Behörde nur zuständig, wenn und soweit sie dazu ausdrücklich gesetzlich ermächtigt ist. Hierauf hat der BGH in einer Entscheidung zur Verwendung von Erklärungen des Insolvenzgerichts eindringlich aufmerksam gemacht. Es genügt nicht, dass Gericht/Behörde allgemein mit dem später dann bezeugten Sachverhalt in Kontakt kommen und die erforderliche Kenntnis haben, sondern genau diese zu verwendende Bescheinigung muss gesetzlich vorgesehen sein. Das ist – in diesem Beschluss – nicht der Fall für Bescheinigungen des Insolvenzgerichts über den Zeitpunkt des Insolvenzantrags.
Für das GBA kommen insbesondere in Frage:
Rz. 114
Das Vermessungsamt ist ferner zuständig, Bescheinigungen aus dem Liegenschaftskataster abzugeben, und etwa zum Ausübungsbereich von Dienstbarkeiten bzw. zum Nichtbetroffensein wegvermessener Teilflächen (auch wenn die Prüfung des Dienstbarkeitsinhalts dem GBA obliegt), § 66 Abs. 1 Nr. 6 BeurkG.
Rz. 115
Besteht bei einem Verfahren der Landbeschaffung für Verteidigungszwecke Einigung der Beteiligten über den Eigentumsübergang oder die Belastung des benötigten Grundstücks, so hat die Enteignungsbehörde die Befugnis, eine Niederschrift über die Einigung aufzunehmen, die von den Beteiligten zu unterschreiben ist (§ 37 LBG). Ein Bevollmächtigter bedarf einer öffentlich beglaubigten Vollmacht.
Rz. 116
Für das Eintragungsersuchen einer nicht siegelführenden Teilnehmergemeinschaft in der Flurbereinigung genügt eine mit Siegel versehene Beglaubigung der Unterschriften unter dem Eintragungsersuchen der Teilnehmergemeinschaft mit der Bestätigung, dass diese Person befugt ist, das Ersuchen zu stellen.
Rz. 117
Für die Beurkundung rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen in Prozessen sind die Gerichte zuständig (§§ 159–163 ZPO), im Fideikommissverfahren das oberste Fideikommissgericht oder der beauftragte oder ersuchte Richter (§ 66 Nr. 5 BeurkG i.V.m. § 14 der 4. DVO zum Gesetz zur Vereinheitlichung der Fideikommissauflösung vom 24.8.1935). Probleme bereitet der im schriftlichen Verfahren (§ 276 Abs. 6 ZPO) ergangene Beschlussvergleich. Der BGH hat (in einer Scheidungsfolgensache, § 1378 Abs. 3 S. 2 BGB) auch den Beschlussvergleich in wortlautgetreuer Anwendung des § 127a BGB der notariellen Beurkundung gleichgestellt. Damit erfüllt er allemal die Form des § 29 GBO. Wegen der fehlenden gleichzeitigen Anwesenheit kann im Beschlussvergleich aber keine Auflassung erklärt werden; das folgt aber aus § 925 BGB, nicht aus § 29 GBO. Jedenfalls eine Eintragungsbewilligung wird damit nach Abs. 1 nachgewiesen.
Rz. 118
Die Bescheinigung des Bundeswahlleiters aus dem Parteienverzeichnis, au...