Rz. 175
Der Nachweis der Offenkundigkeit ist nur möglich für Eintragungsvoraussetzungen, die nicht in "Erklärungen" bestehen. Offenkundig im Sinn des § 29 GBO sind bereits – abweichend von der allgemeinen Definition der allen lebenserfahrenen Menschen ohne weiteres bekannten Tatsachen – alle dem zuständigen GBA zweifelsfrei bekannten Tatsachen sowie Rechtslagen, bspw. der Umfang der bischöflichen Amtsgewalt, der sich aus Verfassung und Kirchengesetz unmittelbar herleitet. Offenkundig sind auch Tatsachen, die das GBA seinen Akten oder anderen Verfahrensakten desselben Gerichts entnehmen kann. Maßgeblich ist dabei nicht die Kenntnis des bearbeitenden Rechtspfleger, sondern des GBA – sogar des Amtsgerichts – schlechthin. Offenkundigkeit kann aber, ggf. erst durch Aktenbeiziehung, hergestellt werden. Ob die Kenntnisse amtlich oder außeramtlich erlangt wurden, ist ohne Bedeutung. Selbstverständlich sind daneben offenkundig auch alle diejenigen Tatsachen, die die Voraussetzungen der allgemeinen Definition erfüllen.
Rz. 176
Nicht als offenkundig zu behandeln sind Veröffentlichungen der Vertretungsbefugnis und der Bestellung von Organen einer öffentlichen Anstalt jedenfalls dann, wenn die Veröffentlichung längere Zeit zurückliegt, da diese Befugnis widerrufen sein kann und dem GBA nicht zuzumuten ist, sämtliche Veröffentlichungen der Zwischenzeit daraufhin durchzusehen oder das GBA das Veröffentlichungsorgan nicht bezieht. Die aktuellen Organe der Gemeinde können jedenfalls beim eigenen Gerichtssprengel aber als offenkundig vorausgesetzt werden. Offenkundigkeit bei einem GBA bedeutet bei Abgabe von Akten nicht ohne weiteres auch die Offenkundigkeit für das zweite GBA, wenn sie nicht ausdrücklich aktenkundig gemacht ist.
Teils dient die Formerleichterung bei Offenkundigkeit der Rspr. (v.a. in der Beschwerdeinstanz) als Abhilfe bei anderenfalls drohender Beweisnot, etwa bei Nachweis der entgeltlichen Testamentsvollstrecker – oder der Vorerbenverfügung. In der Entscheidung des OLG München ging es um die Frage, ob ein Nacherbenvermerk aufgrund einer entgeltlichen Veräußerung aus dem Jahre 1929 (!) gelöscht werden könne. Dazu erwägt das OLG, die Höhe der Valutierung der übernommenen Hypothek können dem GBA – ohne dessen eigene Ermittlungen – als offensichtlich ggf. nachgewiesen werden. Innerhalb des Verfahrensrechts der GBO ist das eine praxistaugliche Lösung, aber der Begriff der Offenkundigkeit wird, sagen wir es vorsichtig: schon arg gedehnt. Offenkundig kann danach auch sein, was dem GBA erst und genau zu diesem Zweck mitgeteilt wird!