Rz. 109
Die Wirksamkeit des Testaments, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der zwingenden Vorgaben des BeurkG (Muss-Vorschriften) hat das GBA selbstständig zu überprüfen.
Die Wirksamkeitsprüfung bezieht sich bei mehreren eröffneten Testamenten auf Fragen des Widerrufs, bei einseitigen, im Gegensatz zu gemeinschaftlichen Testamenten/Erbverträgen auch auf den Vorrang bindender Verfügungen. Aufgrund des mitvorzulegenden Eröffnungsprotokolls kann das GBA aber den Eintritt des Erbfalls zugrunde legen (keine gesonderte Sterbeurkunde erforderlich) sowie von der Vollständigkeit der eröffneten Testamente ausgehen. Die Möglichkeit, dass weitere privatschriftliche Testamente vorhanden sein könnten, hat das GBA unberücksichtigt zu lassen. Der Erbprätendent muss vielmehr diese Testamente beim Nachlassgericht vorlegen und eine Nachtragseröffnung veranlassen.
Etwaige abstrakte Möglichkeiten, die nur unter ganz bestimmten Umständen das aus dem Testament hervorgehende Erbrecht in Frage stellen können, genügen niemals, das Verlangen nach einem Erbschein oder eine eidesstattliche Negativversicherung zu begründen. Das GBA ist auch nicht berechtigt, rein vorsorglich Einsicht in den (beim gleichen Amtsgericht) geführten Nachlassakt zu nehmen, um daraus eventuelle Unwirksamkeitsgründe zu erfahren.
a) Testierfähigkeit
Rz. 110
Fraglich ist der Einwand der fehlenden Testierfähigkeit des Erblassers. Hat der beurkundende Notar mit Zweifelsvermerk beurkundet, weil schon er sich nicht von der vollen Testierfähigkeit überzeugen konnte, kann m.E. das GBA ohne weiteres auf Vorlage des Erbscheins bestehen. Die Geschäftsfähigkeit lässt sich im nachlassgerichtlichen Verfahren einfacher und für die Beteiligten überzeugender klären. Dass beim Vollzug von sachenrechtlichen Verfügungen ggf. auch das GBA mit diesen Fragen konfrontiert wird, spricht nicht dagegen: Dort muss im Grundbuchverfahren eine Entscheidung erfolgen, weil parallele Verfahrensoptionen nicht bestehen.
Rz. 111
Ging der Notar von der vollen Testierfähigkeit aus, so ließ die ältere Rspr. eine auf fehlende Testierfähigkeit gestützte Zurückweisung nur dann zu, wenn ein erstinstanzliches Urteil ergangen ist, welches die Nichtigkeit des Testaments feststellt oder zumindest ein entsprechendes Gerichtsverfahren nachgewiesen werden kann. Das Verlangen nach einem anderweitig eingeleiteten Gerichtsverfahren ist aber zu eng. Es wäre für den Erbprätendenten auch nicht der nächstliegende Schritt. Viel näher liegt für ihn ja ein Erbscheinsantrag unter Berufung auf ein früheres Testament zu seinen Gunsten bzw. die gesetzliche Erbfolge. Andererseits kann aber nicht die bloße Behauptung der Testierunfähigkeit schon Abs. 1 S. 2 außer Kraft setzen. Richtigerweise wird man zur Erschütterung der Testierfähigkeitsvermutung sowohl einen abweichenden Erbscheinsantrag des Erbprätendenten beim Nachlassgericht verlangen müssen, sowie, vor dessen Erteilung, einen derart substantiierten Vortrag zu Tatsachen, dass das Nachlassgericht in eine vertiefte Sachprüfung (z.B. durch Gutachterauftrag) eingetreten ist.
Begründete Zweifel an der durch öffentliches Testament ausgewiesenen Erbfolge müssen sich dem GBA auch aufdrängen, wenn das Nachlassgericht mitteilt, dass nach Testamentseröffnung eine Nachlasspflegschaft angeordnet worden ist.
Rz. 112
Das GBA kann die Anerkennung des öffentlichen Testaments aber erst bei greifbaren Zweifeln an der Testierfähigkeit verweigern. Solche Zweifel sind etwa bei bereits vorliegenden fachärztlichen Gutachten begründet, die eine Testier- oder Geschäftsfähigkeit vereinen.
Rz. 113
Die Zweifel des GBA sind – im Gegenzug – überwunden, wenn ihm ein rechtskräftiges Urteil zwischen den in Betracht kommenden Prätendenten vorgelegt wird, das die Erbenstellung des testamentslegitimierten Erben feststellt. Das kann auch ein Anerkenntnis- oder ein Versäumnisurteil sein.
b) Andere Voraussetzungen der Wirksamkeit
Rz. 114
Zur Wirksamkeitskontrolle gehört auch die Feststellung der Nicht-Scheidung der Ehe bei gemeinschaftlich testierenden Eheleuten: Nach Ehescheidung ist ein gemeinschaftliches Testament kein Beweismittel mehr. Für die Scheidung müssen, auch bei einer sog. Scheidungsklausel im gemeinschaftlichen Testament aber konkrete Anhaltspunkte bestehen.
Nach OLG Zweibrücken soll das GBA auch den Eintritt/Nichteintritt offenkundiger Bedingungen (hier: Gesetzesänderung zu einem bestimmten Termin) berücksichtigen müssen. Dies ist sehr zweifelhaft; hier steht so naheliegend die Ermittlung des Gewollten mit Auslegung nach § 2084 BGB im Raum, dass die Offenkundigkeit des Bedingungseintrit...