Rz. 119

Größtes Problem ist jedoch die Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen, auf die dann das Testament, ggf. nach Auslegung, anzuwenden wäre. Grundsätzlich sind dabei die gesetzlichen Vermutungen des legislativen Regel-/Ausnahme-Systems sowie vorhandene Erfahrungssätze anzuwenden.[222] Reichen solche nicht aus, so genügt eine eidesstattliche Versicherung, wenn unter Anwendung allgemeiner Erfahrungssätze die behaupteten Tatsachen als wahr gelten können. Eine eidesstattliche Erklärung kommt also immer dann in Frage, wenn es sich um negative Tatbestände handelt, also nachzuweisen ist, dass bestimmte Tatsachen nicht eingetreten sind, und ausgeschlossen werden kann, dass das Nachlassgericht über zusätzliche Erkenntnismöglichkeiten verfügt.[223]

 

Rz. 120

Die eidesstattliche Versicherung reicht zum Nachweis aber nur aus, wenn keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass das Nachlassgericht weitere Ermittlungen anstellen und zu einer abweichenden Beurteilung der Erbfolge gelangen könnte. Bei der Beurteilung dieser Frage steht dem GBA und dem Tatrichter ein gewisser Spielraum zu.[224] Verbleiben Zweifel, die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des Erblassers oder über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden können, so muss ein Erbschein verlangt werden.[225] Ein Recht zu eigenen Ermittlungen hat das GBA auch in diesen Fällen nicht.[226]

[222] Ebenso: Meyer-Stolte, Rpfleger 1992, 195.
[223] OLG Düsseldorf FGPrax 2010, 114; OLG Braunschweig DNotZ 2013, 125; OLG Braunschweig FamRZ 2020, 641.
[224] BayObLG BayObLGZ 2000, 167 = DNotZ 2001, 385.
[225] KG JFG 11, 195; KG JW 1938, 1411; OLG Hamm JMBl. NRW 1963, 180; OLG Hamm MDR 1968, 1012; OLG Hamm NJW 1969, 798; BayObLG 1974, 1 = NJW 1974, 954 = DNotZ 1974, 233; BayObLG Rpfleger 1995, 249; OLG Stuttgart Rpfleger 1975, 135; OLG Stuttgart Rpfleger 1992, 154; OLG Frankfurt Rpfleger 1987, 412; OLG Köln Rpfleger 2000, 157; OLG München ZEV 2013, 42; OLG Hamm FGPrax 2011, 223; OLG Naumburg ZEV 2016, 54.
[226] BayObLG Rpfleger 1983, 104; OLG Hamm MDR 1968, 1012; OLG Hamm DNotZ 1972, 98; OLG Köln Rpfleger 2000, 157.

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