Rz. 67
Umstritten ist das Verhalten des GBA, wenn ihm nachträglich neue, dem Nachlassgericht bei Erteilung des Erbscheins unbekannt gewesene Tatsachen positiv bekannt werden, welche der sachlichen Richtigkeit des Ausweises entgegenstehen und von denen das GBA annehmen muss, dass bei ihrer Kenntnis das Nachlassgericht den erteilten Erbschein einziehen werde. Die Rspr. hält das GBA zur Überprüfung für berechtigt und verpflichtet. Teils wird angenommen, der Erbschein komme dann als Grundlage einer Eintragung nicht mehr in Betracht.
Rz. 68
Gegen die Auffassung, das GBA könne in diesem Fall den Erbschein nicht mehr zugrunde legen und müsse den gestellten Antrag ablehnen, bestehen jedenfalls dann Bedenken, wenn nicht, wie in dem entschiedenen Fall, die Einziehung des Erbscheins durch das Nachlassgericht vollständig sicher ist.
Rz. 69
Auch gegen die Auffassung, das GBA dürfe den vorhandenen Erbschein nicht mehr für eine Entscheidung zugrunde legen, sondern müsse – offenbar durch Zwischenverfügung – die Vorlage eines neuen Erbscheins verlangen, bestehen Bedenken, da damit verschiedene Beurteilungsmöglichkeiten zwischen GBA und Nachlassgericht möglich sind und eine Rechtsunsicherheit für die Beteiligten geschaffen werden kann.
Rz. 70
In einem solchen Fall wird daher die Auffassung vertreten werden müssen, dass nur eine Rückfrage an das Nachlassgericht mit einer Schilderung des Sachverhalts zur Klärung führen kann. Allein eine solche Rückfrage entspricht dem Zweck des § 35 GBO, dem GBA die Beurteilung der Erbfolge zu entziehen. Ein Verstoß gegen das Verbot der Amtsermittlung liegt dabei nicht vor, da die Rückfrage lediglich erledigt, was sonst den Beteiligten aufgegeben werden müsste, nämlich eine Überprüfung des Erbscheins von Amts wegen (§ 2361 S. 1 BGB).
Rz. 71
Behält das Nachlassgericht seine alte Stellungnahme bei, so ist das GBA an dessen Auffassung gebunden, auch wenn sie selbst unrichtig sein sollte. Die Verantwortung für eine etwa dadurch entstehende Staatshaftung trifft allein das Nachlassgericht.
Rz. 72
Leitet das Nachlassgericht jedoch daraufhin ein Verfahren zur Einziehung des Erbscheins ein, so kann das GBA im Wege der Zwischenverfügung den Nachweis verlangen, dass der Erbschein nicht eingezogen worden ist, oder den gestellten Antrag zurückweisen. Jedoch trägt im letzteren Fall das GBA das volle Haftungsrisiko, dass sich nachträglich seine Auffassung und die des Nachlassgerichts als unrichtig herausstellen sollten. Das Gleiche gilt, wenn eine solche Zurückweisung ohne Rückfrage erfolgen sollte. Nur wenn das GBA weiß, dass der Erbschein für kraftlos erklärt worden ist, hat es einen anderen Erbschein zu verlangen. Das aber ist selbstverständlich, da vom kraftlosen Erbschein selbst bei körperlicher Vorlage des Dokuments keine Rechtswirkungen mehr ausgehen.