I. Allgemeines
Rz. 91
Öffentliche Testamente reichen grundsätzlich nach Abs. 1 u. 2 ebenfalls für den Nachweis der Erbfolge aus. Das GBA hat hier besondere Prüfungspflichten. Im Rahmen des Abs. 1 S. 2 hat das GBA auch andere öffentliche Urkunden als die Verfügung von Todes wegen zu berücksichtigen, vor allem Personenstandsurkunden. Deswegen kommt ein Verlangen nach Beibringung eines Erbscheins nicht in Betracht, solange es allein um die Berücksichtigung von Dokumenten geht, die das GBA gem. § 29 GBO selbst auch als tauglichen Nachweis berücksichtigen müsste. Außerdem kann das GBA aktenkundiges Wissen aus anderen Abteilungen desselben Gerichts beiziehen und ausnutzen.
Rz. 92
Aus der Verwendbarkeit erbfolgerelevanter notarieller Urkunden gegenüber dem GBA folgt in der Gesamtbetrachtung ein erheblicher Kostenvorteil.
II. Verfügung von Todes wegen
1. Form
Rz. 93
Die Verfügung von Todes wegen muss als öffentliche Urkunde formgültig errichtet sein. Anders als bei Erbscheinen kann es sich dabei jedoch auch um ausländische öffentliche Urkunden handeln.
Rz. 94
Nach deutschem Recht kommen Testamente und Erbverträge (§ 2276 BGB) zur Niederschrift eines deutschen Notars oder eines Berufskonsuls oder Konsularbeamten in Betracht (§§ 2231 Nr. 1, 2232 ff., 2276 BGB; §§ 10, Abs. 1 Nr. 1, 11, 19, 24 KonsularG v. 8.11.1867 i.d.F. des Gesetzes vom 11.9.1974, vor Inkrafttreten des Konsulargesetzes vom 11.9.1974 vor einem ermächtigten Berufskonsul bzw. Kanzlerbeamten (§§ 16, 37a KonsularG v. 8.11.1867 i.d.F. des Gesetzes vom 14.5.1936).
Rz. 95
Öffentliche Urkunde ist ferner das Nottestament vor dem Bürgermeister gem. § 2249 BGB, da dieser eine mit Amtsbefugnis (§ 415 ZPO) ausgestattete Person ist. Trotz gleicher Verfahrensvorgaben (§ 2250 Abs. 1 BGB) bleibt das Dreizeugentestament hingegen Privaturkunde.
2. Kollision von öffentlicher Urkunde und privatschriftlichem Testament
Rz. 96
Liegt neben dem öffentlichen Testament ein eigenhändiges Testament vor, so bleibt es bei der Regel des Abs. 1 S. 1, sofern die Erbfolge (auch) auf dem privatschriftlichen Testament beruht. Eine Erbfolge allein aufgrund öffentlichen Testaments liegt vor, wenn das privatschriftliche Testament widerrufen wurde, ungültig ist oder ersichtlich keine Erbeinsetzung enthält. Weil der Erbschein nicht nur das Erbrecht, sondern, wenn unbeschränkt erteilt, auch die Verfügungsberechtigung nachweist, scheidet Abs. 1 S. 2 schon bei einer nachfolgend privatschriftlich angeordneten Testamentsvollstreckung aus, ebenso bei einer privatschriftlichen Ergänzung durch eine Verwirkungsklausel. Gleiches gilt, wenn das nachfolgende privatschriftliche Testament die Erbeinsetzung des öffentlichen Testaments exakt identisch wiederholt. Vereinzelt wurde ein Erbschein für entbehrlich gehalten, wenn das nachfolgende öffentliche Testament auf einem handschriftlichen Testament aufbaute. Das ist zu weitgehend. Die Erbfolge richtet sich dann nach dem privatschriftlichen Testament, ein Erbschein ist erforderlich. Eine andere Frage kann allenfalls dahin gehen, ob nicht das (nachfolgende) öffentliche Testament im Sinne einer tragenden Erbeinsetzung auszulegen sein kann – dann müssen aber zumindest die Erben und Erbquoten benannt sein. Bei dieser Frage geht es um die auch sonst erforderliche Feststellung der Wirksamkeit bzw. des Widerrufenseins eines Testaments. Diese Einschätzung ist im Grundsatz vom GBA zu erwarten. Die Feststellung, dass ein eröffnetes privatschriftliches Testament nicht für die Erbfolge maßgeblich wird, kann somit das GBA ungeachtet der Beschränkung in § 35 GBO treffen.
Rz. 97
Beruht die Erbfolge, die in das Grundbuch eingetragen werden soll, auf einem notariellen Testament und hat der Erblasser mit seinem Ehegatten vor diesem Testament ein gemeinschaftliches eigenhändiges Testament errichtet, so obliegt dem GBA auch die Auslegung dieses Testaments zu der Frage, ob die Wirksamkeit der späteren Erbeinsetzung von der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments berührt wird. Das nachfolgende öffentliche Testament ist für die Erbfolge maßgeblich (dann Abs. 1 S. 2 anwendbar), wenn sich – auch unter Hinzuziehung gesetzlicher Auslegungsregeln – aus dem gemeinschaftlichen privatschriftlichen Testament keine Bindungswirkung ergibt. Ist die nachfolgende Erbeinsetzung wegen vorrangiger Bindung des gemeinschaftlichen Testaments hingegen unwirksam oder bleiben zumindest Zweifel über den Bestand einer Bindungswirkung bestehen, muss das GBA auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen.
Rz. 98
Nur wenn die Klärung dieser Frage weitere tatsächliche Ermittlungen über den Willen des Erblassers und seines Ehegatten erforderlich macht, ist das GBA berechtigt und verpflichtet, zum Nachweis d...