Rz. 161
Besondere Probleme bringt § 35 GBO in seiner Anwendung auf Erbscheine und Testamentsvollstreckerzeugnisse bei Auslandsberührung mit sich.
I. Fremdrechtserbschein
Rz. 162
§§ 352c Abs. 1, 343 Abs. 2, 3 FamFG gestatten die Erteilung eines auf das Inlandsvermögen beschränkten Erbscheins auch bei Auslandswohnsitz des Erblassers und/oder Anwendbarkeit fremden Erbrechts (sog. Fremdrechtserbschein). Dieser Fremdrechtserbschein ist Erbschein im Sinne des § 35 GBO. Die zugrunde liegende Erbfolge nach ausländischem Recht ist für seine Wirkung irrelevant. Sie wird von der Tatbestandswirkung des Erbscheins (als verbindlicher Feststellung für das GBA) erfasst. Bei Anwendung fremden Erbrechts bestimmt dieses Recht im Fall einer Erbengemeinschaft auch über deren Binnenrecht. Es gelten somit nicht §§ 2032 ff. BGB. Das fremde Gemeinschaftsverhältnis wird sachenrechtlich ungeachtet des sonst geltenden Numerus clausus der beschränkten dinglichen Rechte angenommen. Es ist wegen § 47 GBO besonders zu verlautbaren, um Verwechslungen mit einer BGB-Erbengemeinschaft auszuschließen. Da aber § 47 GBO nur die Angabe der Art der Gemeinschaft an sich verlangt, nicht ausdrückliche bzw. zusätzliche Aussagen zu den Rechtswirkungen, erweist sich die Grundbuchberichtigung jedenfalls als unproblematisch.
II. Ausländischer Erbschein
Rz. 163
Ein ausländischer Erbschein als urkundlicher Nachweis genügt (derzeit) zum Nachweis der Erbfolge jedoch nicht. § 35 GBO ist allein auf deutsche Erbscheine anzuwenden. Dies zwingt die Beteiligten bisher zur nochmaligen Durchführung eines Nachlassverfahrens nach deutschem Recht.
III. Ausländische öffentliche Urkunde
Rz. 164
Im Gegensatz dazu kann aber das ausländische Testament, wenn es aus deutscher Sicht öffentlich beurkundet ist, Grundlage einer Grundbuchberichtigung nach Abs. 1 S. 2 sein. Eine Übersetzung kann selbstverständlich verlangt werden. Ebenso müssen die Formalien der Anerkennung, soweit erforderlich, eingehalten sein (Apostille, Legalisation). Entsprechend den Vorgaben zu deutschen Testamenten kann vom GBA auch in diesem Zusammenhang eine Testamentsauslegung, soweit erforderlich, verlangt werden, allerdings keine vertieften Kenntnisse der anzuwendenden Erbrechtsordnung. Deswegen ist bei der Auslegungspflicht ausländischer Testamente wesentlich größere Zurückhaltung geboten als bei deutschen Testamenten. Dass das Ergebnis der Rechtsanwendung zur Eintragung einer Erbengemeinschaft nach ausländischem Recht führt, schadet hier ebenso wenig wie bei der Eintragung einer solchen Erbengemeinschaft aufgrund eines Erbscheins.
Rz. 165
Vermächtnisse sind nach bisher h.M. auch dann nicht eintragungsfähig, wenn sie nach dem Testament und der anzuwendenden Dritt-Rechtsordnung außerhalb der EU mit sofortiger dinglicher Wirkung ausgestattet sein sollten. Ob an diesem Grundsatz im Verhältnis zu Drittstaaten festgehalten wird, nachdem er innerhalb der EU aufgegeben werden muss, ist offen. Ein solcher Fall kann bei Fremdrechtserbscheinen derzeit nicht eintreten, da dieser Vermächtnisse generell nicht ausweist. Es setzt sich aber auch bei der Beurteilung öffentlicher Testamente der Vorrang des deutschen Sachenrechts durch, so dass eine zusätzliche Auflassung verlangt werden muss, die dann aus sich heraus Eintragungsgrundlage ist. Nachzuweisen sind dazu also Erbfolge und Auflassung. Ob und inwieweit die Auflassung hingegen von einem testamentarischen Vermächtnisanspruch als causa gedeckt ist, spielt für den Grundbuchvollzug anschließend keine Rolle. § 925a BGB wendet sich ohnehin allein an den Notar. EU-Recht steht im Verhältnis zu Drittstaaten nicht entgegen.