Gesetzestext
(1) Der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden; erachtet das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlegung eines Erbscheins verlangen.
(2) Das Bestehen der fortgesetzten Gütergemeinschaft sowie die Befugnis eines Testamentsvollstreckers zur Verfügung über einen Nachlaßgegenstand ist nur auf Grund der in den §§ 1507, 2368 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Zeugnisse oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses als nachgewiesen anzunehmen; auf den Nachweis der Befugnis des Testamentsvollstreckers sind jedoch die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Zur Eintragung des Eigentümers oder Miteigentümers eines Grundstücks kann das Grundbuchamt von den in den Absätzen 1 und 2 genannten Beweismitteln absehen und sich mit anderen Beweismitteln, für welche die Form des § 29 nicht erforderlich ist, begnügen, wenn das Grundstück oder der Anteil am Grundstück weniger als 3000 Euro wert ist und die Beschaffung des Erbscheins, des Europäischen Nachlasszeugnisses oder des Zeugnisses nach § 1507 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur mit unverhältnismäßigem Aufwand an Kosten oder Mühe möglich ist. Der Antragsteller kann auch zur Versicherung an Eides Statt zugelassen werden.
A. Allgemeines
Rz. 1
§ 35 GBO als lex specialis zu § 29 GBO schränkt die Nachweismöglichkeiten, soweit es um den Nachweis der Erbfolge und damit in Zusammenhang stehende Tatsachen geht, nochmals ein, indem ausschließlich ("kann nur") drei Dokumente – Erbschein, Europäisches Nachlasszeugnis sowie öffentliche Verfügung von Todes wegen – für zulässig erklärt werden. Damit wird die Eintragung des GBA auf eine sichere Grundlage gestellt. Die Ergänzung um das Europäische Nachlasszeugnis als Nachweisdokument erfolgte durch Gesetz vom 29.6.2015, hierzu eingehend ab Rdn 78 ff. Die Nachweisvorgaben des § 35 GBO können auch herangezogen werden bei der Frage, wie sich ein (Mit-)erbe ausweisen muss, der Einsicht in das Grundbuch nehmen will.
Rz. 2
Im Umfang des Abs. 1 S. 2 (Verzicht auf Erbschein als allein zulässiges Nachweisdokument) wird die Norm als Musterregelung für den allgemeinen Rechtsverkehr gesehen, wobei dann aber auch alle Probleme der Normanwendung in den allgemeinen Rechtsverkehr transferiert werden. Meines Erachtens obliegt demgegenüber den Erben im allgemeinen Rechtsverkehr eine größere Bringpflicht als gegenüber dem GBA, da wesentlich weniger Rechtskenntnis vorausgesetzt werden kann.
B. Erbfolge
I. Begriff und Umfang
Rz. 3
Erbfolge ist der mit dem Tode einer Person eintretende Übergang eines bestimmten Vermögens als Ganzes auf eine oder mehrere Personen (§ 1922 BGB); dieser Übergang kann auf Gesetz (§§ 1924–1936 BGB) oder auf einer Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) beruhen. Bei Ausländern kann die Erbfolge auch auf ausländischem Recht beruhen.
Rz. 4
Grundsätzlich muss es sich um den Tod einer Person handeln. Gleichgültig ist dabei, ob sie geschäftsfähig war oder nicht, gleichgültig ist weiter, ob es sich um einen Inländer, Ausländer oder einen Staatenlosen handelt. § 35 GBO gilt insoweit ohne Einschränkung. § 35 GBO ist eine Norm des deutschen Registerverfahrensrechts und bleibt vom Erbstatut als Vorfrage des materiellen Erbrechts unbeeinflusst. Zeitlich umfasst der Begriff alle Todesfälle nach dem 1.1.1900.
Rz. 5
Keine Erbfolge liegt vor beim Erwerb aufgrund eines schuldrechtlichen Vermächtnisses (insbesondere gem. § 1939 BGB), eines Erbschaftskaufs (§ 2371 BGB), bei Übertragung eines Erbanteils, der Abschichtung oder der Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts auf den Vorerben.
II. Sonderfälle
Rz. 6
Das Reichsheimstättengesetz, das Gesetz zur Änderung des Reichsheimstättengesetzes und die Verordnung zur Ausführung des Reichsheimstättengesetzes wurden durch das Gesetz vom 17.6.1993 aufgehoben. Nur auf Erbfälle vor dem 1.10.1993 ist das alte Recht noch anzuwenden.
C. Nachweis der Erbfolge
I. Grundsatz
Rz. 7
Der Nachweis kann dem GBA gegenüber nur durch Erbschein erfolgen, von der Ausnahme des Satzes 2 abgesehen. Bei angeordneter Vor-/Nacherbfolge sind für beide Erbfälle gesonde...