Rz. 11
Da § 39 GBO somit nicht die grundbuchtaugliche Legitimation des Bewilligenden als betroffen regelt (dieses Erfordernis folgt schon aus § 19 GBO), sondern zusätzlich – und damit kostenerhöhend – dessen Eintragung verlangt, geht es in der Gestaltungspraxis weniger um die Anwendung des § 39 GBO als vielmehr um die Ausnahmen vom Voreintragungsgrundsatz. Diese können sich aus dem Wortlaut oder Zweck anderer Gesetzesnormen ergeben.
1. § 40 GBO
Rz. 12
Nach § 40 GBO ist in bestimmten Fällen die Voreintragung des Erben entbehrlich; die Bestimmung wird analog bei anderen Fällen der Gesamtrechtsnachfolge angewendet (siehe § 40 GBO Rdn 8).
2. Zwangsversteigerung, Insolvenz
Rz. 13
Nicht erforderlich ist die Voreintragung bei Eintragung eines Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsvermerkes. Wird das Insolvenzverfahren über einen Nachlass eröffnet, so bedarf es für die Eintragung des Insolvenzvermerkes der Voreintragung der Erben nicht. Dies gilt auch bei der Sonderinsolvenz einer vollbeendeten KG. Für die Eintragung einer Zwangshypothek ist die Voreintragung hingegen zu beachten, zumal die grundsätzlich andere Verfahrensweise (Gläubigerantrag statt gerichtliches Ersuchen) gegen eine Analogie zum Versteigerungsvermerk spricht. Ebenso ist § 39 GBO beachtlich für die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung im Grundbuch
3. Sonstiges Zivilrecht
Rz. 14
Die Voreintragung entfällt bei einem Eigentumserwerb durch Aufgebotsverfahren (§ 927 BGB) sowie bei Auflassung eines herrenlosen Grundstücks durch einen bestellten Vertreter (§ 58 ZPO) zur Erfüllung eines durch Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruches, oder bei Aneignung eines Grundstückes durch den Fiskus (§ 928 BGB).
4. Sonstiges öffentliches Recht
Rz. 15
Eine gesetzliche Ausnahme enthält § 25 Abs. 2 S. 2 BauGB; infolgedessen ist die Eintragung des aus einer Auflassungsvormerkung Berechtigten als Eigentümer zur Eintragung einer Vormerkung zum Vorbehalt von Rechten nach § 25 Abs. 2 BauGB nicht erforderlich. Eine gesetzliche ausdrückliche Ausnahme enthält ferner § 10 Nr. 3 RVermG vom 16.5.1961.
Rz. 16
Liegt die Erklärung einer ausländischen staatlichen oder öffentlichen Stelle vor, deren Rechtsinhaberschaft durch eine Bescheinigung des Auswärtigen Amtes bestätigt wird, so ist Abs. 1 nicht anzuwenden (§ 104a GBV).
Die Voreintragung des Betroffenen ist nicht erforderlich bei Berichtigung des Bestandsverzeichnisses im Rahmen einer Flurbereinigung, Umlegung oder Bodenneuordnung. Dem sollten Fälle einer öffentlich-rechtlichen Enteignung gleichstehen.
5. Sonderbestimmungen in den neuen Ländern
Rz. 17
Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn gem. § 34 VermG um Eintragung einer Person ersucht wird; er findet auch keine Anwendung, wenn derjenige über sein Erbe verfügt, der durch den Bescheid begünstigt wurde, welcher dem Erwerb zugrunde liegt, § 11 Abs. 1 GBBerG. Jedoch kann der durch Bescheid Begünstigte sich als Berechtigter zunächst im Grundbuch eintragen lassen. In diesem Fall ist der gutgläubige Erwerb eines Dritten nicht auszuschließen. Für Eintragungen und Verfügungen aufgrund eines Bescheides gem. § 2 VZOG und Verfügungen gem. § 8 VZOG gilt diese Regelung entsprechend.
Die Anwendung des § 39 GBO scheidet aus bei Eintragungsanträgen aufgrund Erklärungen der Bewilligungsstelle (§ 105 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 und 5 GBV).
6. Sonderfall Kettenauflassung und Kettenabtretung
Rz. 18
§ 39 GBO ist nicht einschlägig bei Vollzug einer Kettenauflassung, bei welcher ein nicht eingetragener und auch nicht einzutragender Zwischenerwerber seinerseits an einen Enderwerber auflässt. Voraussetzung ist dabei zunächst eine nicht unterbrochene Kette von Auflassungen. Die Argumentation ist auf andere Kettenverfügungen (wie mehrfache Grundschuldabtretung oder Grundschuldabtretung und Löschung ohne Zwischeneintragung) übertragbar. Richtigerweise geht es nicht um Anwendung des § 39 GBO, sondern um eine Umdeutung der Weiterverfügung des Zwischenerwerbers: Dessen Auflassung ist wirksam, da sie vom Nichtberechtigten mit Zustimmung des Berechtigten, also von einem im Grundbuch eingetragenen Verfügungsberechtigten (§ 185 BGB), ausgeht; der Vorschrift des § 39 GBO ist damit genügt. Das Gleiche gilt bei Grundschuldbewilligung durch den (zweiten) Auflassungsempfänger. § 39 GBO verlangt nicht die Voreintragung des tatsächlich Bewilligenden (z.B. aufgrund Ermächtigung oder Vollmacht), sondern des Betroffenen. Diese Einwilligung kann zum Nachteil des letzten Erwerbers bis zu dessen Eintragung jedoch jederzeit widerrufen werden durch formlos zulässige Aufhebung der ersten Auflassung.